Wenn die Kanzlerin heute im Airbus-Werk im südfranzösischen Toulouse mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy zusammentrifft, stehen zwei gleich Streitthemen im Mittelpunkt, die sich an einem Tag nicht ausräumen lassen werden: die Zukunft von Airbus und die Zukunft des Euro.
Angela Merkel will in ihrem ersten deutsch-französischen Gipfelgespräch mit Sarkozy darauf dringen, dass Airbus und seine Muttergesellschaft, der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS, politisch möglichst unabhängig geführt wird. Sarkozy will den Einfluss Frankreichs auf EADS stärken.
„Es geht darum, dass das Unternehmen nach unternehmerischen und nicht nach politischen Erwägungen geführt wird“, sagte Merkel dem „Handelsblatt“. EADS wird paritätisch von Deutschen und Franzosen geführt. Die Struktur gilt als ineffizient. Als Lösung soll ein Franzose den EADS-Verwaltungsrat, ein Deutscher den EADS-Vorstand und ein weiterer Franzose Airbus Industries leiten. Ob Sarkozy dem Konstrukt zustimmt, ist ungewiss.
Zweiter Streitpunkt ist der Euro. Die Währung befindet sich Rekordfahrt. Für einen Euro gibt es derzeit rund 1,38 US-Dollar - gut für Touristen, schlecht für die europäische Exportwirtschaft.
Sarkozy macht den Höhenflug für Wachstumsprobleme der französischen Wirtschaft verantwortlich und beauftragte seine Wirtschaftsministerin Christine Lagarde, eine Gegengewichts-Strategie zur Europäischen Zentralbank zu entwickeln. Diesem Versuch erteilte Merkel eine Abfuhr: Die Unabhängigkeit der Institution sei wichtig, um die Bevölkerung vor Inflation zu schützen.
Unterstützung bekommt Sarkozy dagegen vom deutschen Wirtschaftsweisen Peter Bofinger: „Wenn fast alle Länder der Welt aktiv ihren Wechselkurs steuern, dann sollte man auch in Europa Überlegungen anstellen, wie man eine zu starke Aufwertung des Euro vermeidet. An dieser Stelle hat Sarkozy Recht“, sagte der Würzburger Ökonom unserer Zeitung. Er verwies auf Artikel 111 Maastricht- Vertrag, demzufolge die Finanzminister der Eurozone in die Wechselkurs-Politik per „Initiativrecht“ ausdrücklich eingreifen dürfen.
Der hohe Euro laufe den Bemühungen Deutschlands zuwider, durch Senkung der Lohnnebenkosten international noch wettbewerbsfähiger zu werden, warnte Bofinger: „Der sinkende Arbeitslosenbeitrag wird durch den steigenden Euro praktisch aufgefressen.“
Bofinger riet der EZB, „bei einer anhaltenden Abwertung des Dollar am Devisenmarkt zu intervenieren“. Inflationsgefahr gehe davon nicht aus: „Die Effekte auf die Bankenliquidität lassen sich jederzeit kompensieren, so dass es weder zu Zinssenkungen noch zu einem Anstieg der Inflation kommen wird.“
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