Turbulenzen um neuen Airbus-Riesen
Der neue Super-Jumbo A380 sieht sich mit zahlreichen Hürden und Vorwürfen in den USA konfrontiert
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Foto: AP/Mauviniere
Der A380 werde für Verzögerungen im Abflugrhythmus sorgen, sagen US-Luftfahrtexperten.
Es war zu erwarten: Jedes Mal, wenn Airbus ein Projekt lanciert, folgt die Gegenattacke von jenseits des Atlantiks. Die Methode hat System: Sie wurde bei der Lancierung des A380 ebenso angewandt wie Mitte der Woche, als das europäische Flugzeugkonsortium den Bau des A350 ankündigte.
Fast zur gleichen Zeit erschien im Wall Street Journal ein Bericht, der sich nahtlos in die jahrelangen Versuche einreiht, europäische Konkurrenz von US-Flughäfen fern zu halten. Die französisch-britische Concorde scheiterte kommerziell nicht zuletzt deshalb, weil die USA dem Überschallflugzeug die Landeerlaubnis verweigerten oder erschwerten.
Hürden
Der A380 sieht sich mit ähnlichen Hürden konfrontiert. Verschiedene Großflughäfen in den Vereinigten Staaten sträuben oder weigern sich, Investitionen vorzunehmen, um das Andocken des zweistöckigen Fliegers zu ermöglichen und seine Flügelspannweite von 79,8 Meter (zulässig sind 80 Meter) zu meistern.
Der neueste Vorwurf: Der A380 werde für Verzögerungen im Abflugrhythmus sorgen. Laut Wall Street Journal befürchten US-Luftfahrtexperten, der A380 werde höhere "Wirbelschleppen" verursachen, also Luftturbulenzen, die ein Flugzeug hinter sich zurücklässt. Bei Boeings Jumbojet B747, der sechzehn Meter weniger Spannweite hat als der A380, müssen nachfolgende Flugzeuge in der Luft mit einem Mindestabstand von neun Kilometern fliegen. Dies wirkt sich auch auf die Kadenzen beim Takeoff aus; ein noch größerer Abstand (die US-Luftfahrtbehörde FAA will für den A380 einen um 40 bis 50 Prozent vergrößerten) würde andere Flugzeuge zu längerem Warten verdammen. Airbus argumentiert, das Problem beim Bau "auf ein Minimum reduziert" zu haben.
Strategie
Wahrscheinlich ist, dass es sich um die übliche psychologische Kriegsführung der Pentagon-Boeing-Lobby handelt. Vor einiger Zeit waren von amerikanischer Seite plötzlich Sicherheitsbedenken wegen des - aus Österreich stammenden - Kabinendrucksystems im A380 aufgetaucht. Eine Gesetzesinitiative will Airbus sogar zum Einbau einer Raketenabwehr beim A380 zwingen, da dieser laut dem Luftfahrt-Unterausschuss des Repräsentantenhauses "ein unwiderstehliches Terroristenziel" sei. Offen bleibt, warum das derzeit noch unwiderstehlichste Terroristenziel, der B747, im US-Luftraum keine solche Abwehr mit sich führen muss.
Zu dieser Strategie gehört auch die Klage bei der Welthandelsorganisation WTO wegen europäischer Airbus-Subventionen. Im erbitterten Streit um die Vorherrschaft am zivilen Luftfahrthimmel will das Airbus-Mutterhaus EADS diese Staatshilfen für den geplanten A350 vorerst auf Eis legen, um guten Willen zu demonstrieren. EADS-Kopräsident Thomas Enders: "Wir erwarten, dass Boeing seinerseits eine Initiative zur Versöhnung ergreift." (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.10.2005)
Quelle:
http://derstandard.at/?url=/?id=2202609