A380-Verzögerung - Aufklärung über EADS-Aktienverkäufe vor Airbus-Krise gefordert
15.6.2006, Paris/Stuttgart (AFP) - Nach dem Kurssturz der EADS-Aktie wegen der Lieferverzögerungen beim Super-Airbus A380 haben Politiker in Frankreich eine Untersuchung zu vorausgegangenen Anteilsverkäufen durch Manager des Luft- und Raumfahrtkonzerns verlangt. Die Finanzmarktaufsicht und der französische Staat müssten Angaben prüfen, ob die EADS-Manager dabei schon "über die Schwierigkeiten des Unternehmens auf dem Laufenden waren" und "finanzielle Vorteile daraus gezogen haben". Laut der französischen Finanzmarktaufsicht AMF hatten im März EADS-Ko-Chef Noël Forgeard, drei seiner Kinder sowie weitere EADS-Manager Aktien verkauft und teilweise Millionengewinne erzielt.
Airbus hatte den Zeitplan für die Auslieferung des größten Passagierflugzeuges der Welt am Dienstagabend wegen Fertigungs- und Installationsproblemen bei elektrischen Systemen um sechs bis sieben Monate verschoben. Die EADS-Aktie hatte daraufhin am Mittwoch ein Viertel ihres Wertes verloren.
Forgeard hatte laut AMF am 15. März durch die Ausübung von Aktienoptionen und anschließende Verkäufe einen Gewinn von 2,5 Millionen Euro gemacht. Zwischen dem 15. und 17. März hatten zudem seine drei Kinder Louis, Catherine et Marie jeweils 42.666 EADS-Aktien zu einem Preis von 32,82 Euro verkauft. Sie erzielten daraus jeweils 1,4 Millionen Euro. Es ist nicht klar, ob sie dabei einen Gewinn machten.
Einen Schnitt von 1,15 Millionen Euro machte der EADS-Manager Jean-Paul Gut am 15. März durch Aktienverkäufe. Der Leiter der Raumfahrtsparte, François Auque, erzielte bis Mitte März 365.000 Euro Reingewinn. EADS-Personalchef Jussi Itavuori konnte 1,2 Millionen Euro verbuchen, und der Chef der Rüstungssparte, Stefan Zoller, 492.880 Euro. Angesichts der Verkäufe verlangte in Frankreich auch der sozialistische Abgeordnete Gérard Bapt "sofortige Aufklärung" darüber, "ob es ein mögliches Insiderdelikt durch ranghohe Manager gab".
Anfang April hatten auch die französische Lagardère-Gruppe und DaimlerChrysler den Verkauf von jeweils 7,5 Prozent an EADS verkündet. Ein Sprecher von DaimlerChrysler sagte auf Anfrage, damals habe der Autobauer nichts von den Airbus-Problemen gewusst. Auch der Industrielle Arnaud Lagardère zeigte sich von den Schwierigkeiten vollkommen überrascht. Der EADS-Verwaltungsrat sei erst "vor sehr kurzer Zeit" über die Lieferverzögerungen informiert worden, sagte er der Zeitung "Le Monde" (Freitagausgabe). Im Mai sei Airbus-Chef Gustav Humbert dort die Frage gestellt worden, ob es Verzögerungen geben werde. "Seine Antwort war: Wir haben keinerlei Informationen darüber, die uns den Schluss erlauben würden, dass es eine Verschiebung der Auslieferungen geben wird."
Lagardère sprach von einer "großen Krise". Es müsse die Frage gestellt werden, "ob der Airbus-Chef von der internen Lage wusste". Auf die Frage, ob Forgeard noch sein Vertrauen habe, sagte Lagardère, dies werde er mit dem deutschen EADS-Ko-Chef Manfred Bischoff besprechen.
Nach den jüngsten Turbulenzen erreichte Airbus eine positive Nachricht aus China. Die Fluglinie Air China bestätigte den Kauf von 24 Maschinen des Mittelstrecken-Typs A320. Das Geschäft hat demnach ein Volumen von umgerechnet 1,4 Milliarden Euro.
Die EADS-Aktie machte bis zum Donnerstagnachmittag einen Teil der Verluste vom Vortag wett. Gegen 15.30 Uhr stand das Papier mit 19,75 Euro 5,5 Prozent im Plus.
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