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 Betreff des Beitrags: Wie Boeing Airbus hilft
BeitragVerfasst: Donnerstag 5. April 2007, 10:02 
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Registriert: Freitag 10. Juni 2005, 12:57
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Der Langstrecken-Jet 787 ist ein Verkaufshit: Mit den neuen Orders von Japan Airlines kommt der Airbus-Erzkonkurrent auf mehr als 500 Vorbestellungen. Boeings "Dreamliner" ist praktisch ausverkauft. Das ist gut - für Airbus.



Die Spitze gegen den europäischen Konkurrenten Airbus kann Mike Bair sich nicht verkneifen. „Bei der Verkabelung erwarten wir keinerlei größere Probleme“, sagt der Mann, der bei Boeing für die geschätzt neun Milliarden Dollar teure Entwicklung des Großraumflugzeugs 787 zuständig ist. Bei dem zweistöckigen Riesenflieger A380 von Airbus hatten zu kurz Kable zu zwei Jahren Lieferverzögerung und hohen Verlusten geführt. In Everett im Norden Seattles dagegen läuft offiziell alles nach Plan.



Die großen Bauteile für die erste 787 überhaupt werden in diesen Tagen in umgebauten Jumbojets in die gigantische Montagehalle gebracht, in der gleich vier der Langstreckenflugzeuge hintereinander Platz haben. Der Erstflug ist für Ende August geplant. Anfang Juli wird das erste fertige Flugzeug der Weltöffentlichkeit gezeigt. Es bietet in der Variante 787-8 platz für bis zu 350 Passagiere, kann also sehr viel weniger Fluggäste transportieren als der A380 (der bis zu 900 Plätze haben wird). Dafür ist Boeings 787 mit einem Listenpreis von 150 Millionen Dollar auch nur halb so teuer.



Mehr als 500 Bestellungen



Inzwischen liegt die Zahl der Bestellungen für Boeings „Dreamliner“ über 500, nachdem Japan Airlines fünf weitere Maschinen geordert hat. Doch der Verkaufserfolg spielt auch dem Konzern in die Hände, dem Boeing nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnt: Airbus. Vor der Welthandelsorganisation liefern sich die beiden Unternehmen derzeit eine Schlammschlacht und werfen dem jeweils anderen versteckte staatliche Unterstützung durch die Heimatregierungen vor. Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass ausgerechnet die Europäer vom Erfolg der 787 profitieren werden. Denn Boeings neuestes Modell ist bis Ende 2013 ausverkauft – weshalb sich die Fluggesellschaften an Airbus wenden werden. Denn die US-Konkurrenz des europäischen Flugzeugherstellers plant, trotz Kundenansturms, keinen deutlichen Ausbau der Fertigungskapazitäten.



John Leahy, Verkaufschef der EADS-Tochter Airbus, hat das Jahr 2007 bereits zum „Jahr des A350 erklärt“. Denn der neue Langstreckenjet von Airbus soll im Jahr 2013 auf den Markt kommen und ist damit in derzeitigen Verkaufsverhandlungen ein direkter Konkurrent zur 787 – anders als der viel größere A380. Airlines wie die arabische Gesellschaft Emirates haben bereits angekündigt, den A350 genauer unter die Lupe zu nehmen als ursprünglich geplant. Auf den Airbus-Flieger müsste die Gesellschaft wohl in etwa so lang warten wie auf die 787.



Boeing treibt Kunden zu Airbus



Was Kapazität und Reichweite angeht, ähneln sich die beiden Flugzeuge - und „der Mangel an einem Modell wird Airlines in die Hände des anderen Anbieters treiben“, sagt Richard Bittenbender, Luftfahrtexperte der Rating-Agentur Moody’s. Boeing wird wohl nur zusehen können, wie Airbus zunehmend Kunden für sich gewinnt. Aeroflot hat bereits angekündigt, dem A350 den Vorzug geben zu wollen. Zwar könnte Boeing die Produktionszahlen erhöhen, um es Airbus schwerer zu machen, mit dem Konkurrenzprodukt Fuß zu fassen. „Doch die Frage ist vor allem, ob die Zulieferer eine Erhöhung mitmachen können“, meint Bittenbender. „Außerdem müsste Boeing klären, ob der Konzern die Investitionskosten tragen will oder die Lieferanten das tun würden.“



Derzeit hofft Boeing, in den ersten anderthalb Jahren nach Auslieferungsbeginn 112 Maschinen des Typs 787 an Kunden wie Air Canada oder die australische Qantas übergeben zu können. Geliefert werden dann etwa sechs Flugzeuge pro Monat. „Getrieben von der starken Nachfrage, werden wir die Produktionsrate wahrscheinlich erhöhen“, sagt 787-Programmchef Bair. Zulieferer haben angedeutet, dass Boeing bereits erkundet, ob und wie die Liefermengen erhöht werden können. Doch wird die Aufstockung, wenn sie denn kommt, alles andere als gewaltig ausfallen.



Schlechter Erfahrungen



Denn den Boeing-Managern sitzt noch die Erfahrung aus den 90er-Jahren in den Knochen. Damals wagte das Management einen raschen Produktionsschub, stellte innerhalb von 18 Monate mehr als 32.000 Mitarbeiter ein – und scheiterte. Die Lieferanten konnten die Bauteile nicht so schnell liefern, wie sie die Boeing-Arbeiter gebraucht hätten. Komponenten hätten damals teilweise per Privatjet, Hubschrauber oder Taxi transportiert werden müssen, um schnell genug die Produktionsstraße zu erreichen, erinnert sich Jim Jamieson, ein erfahrener Boeing-Ingenieur. „Und das war an den guten Tagen, wenn überhaupt Teile da waren.“



Das könnte bei der 787 genauso kommen. Denn mehr Teile als je zuvor werden bei Zulieferern in aller Welt gefertigt. „Wir haben unseren Lieferanten mehr Aufträge gegeben, als wir es traditionell bei unseren Programmen getan haben“, sagt Scott Strode, der für die Entwicklung und Produktion der 787 verantwortlich ist. Die aus Verbundstoffen gefertigten Mittelteile der Kabine, zum Beispiel, baut Alenia Aeronautica in Italien. Das Ruder kommt vom chinesischen Chengdu-Konzern und die Bordbeleuchtung liefert die deutsche Diehl-Gruppe. Die größten Flügelkomponenten werden erstmals in der Boeing-Geschichte nicht in den USA gefertigt, sondern bei Mitsubishi Heavy Industries in Japan. Trotz der internationalen Lieferanten „sehen wir es als ein amerikanisches Flugzeug“, sagt Strode. „Schließlich wird jede Maschine erstmals in Everett abheben.“



In der Montagehalle nahe der Pazifikküste stellen Arbeiter die letzten Maschinen und Gerüste für die Montage der 787 auf. Das erste Leitwerk ist schon da, lautstark und mit großem Tamtam haben sie es in Everett empfangen. Die großen Mittelsektionen haben den Weg aus Italien zunächst in South Carolina zu einem noch größeren Bauteil zusammengesetzt und werden dann quer über die USA nach Everett geflogen. Die erste fertige 787 soll im Mai 2008 an die japanische All Nippon Airlines geliefert werden. Die Lizenzierung für den Luftverkehr durch die amerikanische Flugbehörde erwartet Boeing Ende dieses Jahres.



Während Boeing mit dem „Dreamliner“ den erfolgreichsten Verkaufsstart eines neuen Produkts in der Konzerngeschichte hingelegt hat, hatte es bei Airbus Konkurrenzflieger A350 folgenschwere Probleme gegeben. Etwa hundert Bestellungen lagen den Europäern vor, als sich die Beschwerden über den noch nicht gebauten Jet häuften. Airbus begab sich daher erneut ans Reißbrett, entwarf eine größere Kabine und setzte wie Boeing auf die Verwendung von Verbundstoffen. Diese machen das Flugzeug leichter als herkömmliche Aluminiumkonstruktionen, was den Spritverbrauch senkt.



Doch auch wenn die in A350 XWB umgetaufte Neuentwicklung zeitlich der 787 hinterher hinkt, muss das nicht zwangsläufig den Absatzchancen schaden, meint Analyst Bittenbender: „Airbus hat die Chance, Mängel der neuen 787 zu erkennen und diese beim eigenen Produkt zu vermeiden.“ Damit würde sich dann ein Rhythmus umkehren, den die Europäische Union im Handelsstreit vor der Welthandelsorganisation beschrieben hat. „Jedem vermeintlich subventionierten Airbus-Passagierflugzeug folgte zwei bis drei Jahre später die Entwicklung und Lieferung eines technologisch gleichwertigen oder überlegenen Flugzeugs durch Boeing“, heißt es in einem Papier der EU-Kommission. Die Verzögerungen bei der A350-Entwicklung setzen dem Trend ein Ende.



Der für bis zu zehn Milliarden Euro neu geplante A350 XWB werde der 787 „einen Schritt voraus sein“, sagt Airbus-Verkaufsmann Leahy. Bislang gibt es erst etwa hundert Ordereingänge für die ursprüngliche Variante des A350. Die meisten Bestellungen müssen wegen der Neuentwicklung noch von den Fluggesellschaften bestätigt werden. Das hat bislang erst Finnair für elf Maschinen gemacht. Doch Leahy ist zuversichtlich, dass die Zahl der Absagen gering sein wird. Unter anderem sei die Kabine des A350 XWB breiter als die der 787 und die Unterhaltungskosten der Maschine geringer. Bis Ende des Jahres will Leahy daher die Zahl der Bestellungen auf 200 verdoppelt haben. Ein Jahr nach dem offiziellen Start der Entwicklung wären das genau so viele wie Boeing zum gleichen Zeitpunkt von der 787 verkauft hatte.



http://www.welt.de/wirtschaft/article79 ... hilft.html

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