Sind die Topkonzerne für 2009 gerüstet? Die FTD nimmt Manager in den Fokus, für die es knüppeldick kommt. Airbus-Chef Thomas Enders muss den Konzern durch dessen erste Branchenkrise steuern.
Noch sind die Orderbücher gut gefüllt. Flugzeugbestellungen für 341 Mrd. Euro müssen bei Airbus abgearbeitet werden, beim Wettbewerber Boeing sind es immerhin 276 Mrd. $. Doch wie die Bestelllisten zum Ende des kommenden Jahres aussehen, ist ungewiss. Analysten erwarten, dass die Rezession 30 bis 50 Prozent des Auftragsbestands treffen könnte. Zudem muss 2009 mit drastischen Einbrüchen bei den Neuaufträgen gerechnet werden. Weder der europäische Hersteller noch der US-Rivale wagen bisher konkrete Prognosen.
Airbus-Chef Thomas Enders steht so vor seinem bislang schwersten Jahr. Neben den Branchenrisiken hat er mit hausgemachte Schwierigkeiten zu kämpfen. Für zusätzliche Unsicherheit sorgt die derzeit schwer vorhersehbare Einkaufsstrategie des größten Einzelkunden von Airbus und Boeing: Die US-Leasinggesellschaft ILFC, die zum angeschlagenen US-Versicherer AIG gehört, soll Anfang 2009 neue Eigentümer bekommen.
Vor diesem Hintergrund trat Enders bereits Mitte Oktober vorsichtig auf die Bremse. Airbus stoppte den für 2009/10 verkündeten Ausbau der Produktion auf monatlich 40 Maschinen der kleinen A320-Modellfamilie und belässt es bei 36 Flugzeugen. Wenn sich die Krise verschärft, könnte die Produktion im kommenden Jahr sogar zurückgefahren werden, sagte jüngst Louis Gallois, Chef des Airbus-Mutterkonzerns EADS.
Analysten der Investmentbank Credit Suisse erwarten, dass Airbus zwischen 2009 und 2011 die Produktion um 21 Prozent kürzen muss. Airbus habe kaum Erfahrung mit dem Abschwung, hieß es warnend in einer kürzlich veröffentlichten Studie.
Zwar ist die Luftfahrtindustire seit jeher von Auftragszyklen geprägt. Doch die Hersteller können auf vier Jahre mit außergewöhnlich hohen Bestellungen zurückblicken: 2007 wurden bei Airbus und Boeing zusammen gut 2700 Flugzeuge bestellt. Zum Vergleich: Im Krisenjahr 2002, nach den Terroranschlägen in den USA, waren es gerade einmal 551 neue Maschinen. Seitdem ging es kontinuierlich aufwärts. In der Branche wurde bereits vom Superkonjunkturzyklus gesprochen.
Dem gerade 50 Jahre alt gewordenen Enders helfen historische Vergleiche wenig. Er muss den ersten deutlichen Branchenabschwung für den europäischen Hersteller meistern. In der Krise 2001/02 baute Airbus noch vergleichsweise wenige Flugzeuge . Boeing musste hingegen damals 30.000 Stellen streichen.
Sorge dürfte Enders auch der wieder schwächere Dollar bereiten. Weil Airbus große Kostenanteile in Euro bezahlen muss, aber die Flugzeuge in US-Währung bezahlt werden, leidet die Airbus-Wettbewerbsposition. Der drastisch gesunkene Ölpreis hat für die Flugzeughersteller positive und negative Effekte: Einerseits hilft es den Fluggesellschaften, bessere Erträge zu erwirtschaften. Andererseits dämpft ein niedriger Ölpreis die Nachfrage nach treibstoffsparenden Modellen.
Spekulationen über jahrelange Verzögerung beim A400M
Sorgen bereiten Enders auch hausgemachte Probleme. Nach der jüngsten Umstrukturierung im EADS-Konzern hat der Manager indirekt auch die Verantwortung für den Bau des Militärtransporters A400M. Das 20-Mrd.-Euro-Projekt liegt wegen technischer Probleme über ein Jahr hinter dem Zeitplan zurück. Experten spekulieren sogar auf Verzögerungen von drei Jahren. Eine Ursache für die Probleme ist die Unerfahrenheit von Airbus bei Militärflugzeugen dieser Dimension. Hinzu kommt die starke Zersplitterung von Zuständigkeiten. Ein ähnliches Problem verzögert derzeit bei Boeing die Produktion des 787-Modells. Erstmals wurde der Großteil des Baus an weltweit verstreute Zulieferfirmen vergeben. Prompt verlor Boeing die Kontrolle über die Qualität.
In gut zwei Wochen legt Airbus-Chef Enders in Toulouse den Grundstein für die Endmontage des neuen A350-Modells, des direkten Konkurrenten zur 787. Im Jahr 2013 soll das neue Modell ausgeliefert werden. Bis dahin muss die Krise überwunden sein.
ftd.de