Die angeschlagene kanadische Fluggesellschaft Air Canada hat beim US-Flugzeughersteller Boeing 32 Maschinen der Typen 777 und 787 bestellt. Die Order hat nach Listenpreis einen Wert von sechs Milliarden US-Dollar – die Fluggesellschaften zahlen bei Großbestellungen aber in der Regel deutlich weniger. Die Kanadier haben darüber hinaus eine Option für den Kauf von weiteren 64 Maschinen der beiden Flugzeugtypen.
gbr OTTAWA. Luftfahrtexperte Karl Moore, Wirtschaftsprofessor an der McGill-Universität in Montreal, sprach von einem guten Schritt. „Die Flotte benötigt Auffrischung.“ Air Canada habe bei Komfort und Treibstoffeffizienz auf Erneuerung setzen müssen. Der Treibstoffverbrauch sei angesichts der hohen Ölpreise ein Thema, das die ganze Luftfahrtindustrie beschäftige. Neue Flugzeuge senkten zudem die Wartungskosten.
Air Canada war erst im vergangenen Jahr aus einem Gläubigerschutzverfahren herausgekommen. Nun startet der Lufthansa-Partner eine vorsichtige Expansion, vor allem im Passagier- und Frachtverkehr zwischen Nordamerika und Asien. Auch zwischen Kanada und einigen europäischen Destinationen werden mehr Flüge angeboten.
Robert Milton, Präsident der Air-Canada-Muttergesellschaft ACE Aviation Holdings, sieht mit der Erneuerung der Flotte die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gegenüber den führenden Carriern Europas, des Nahen Ostens und des asiatisch-pazifischen Raumes gestärkt.
Die Lieferung der ersten 777 soll im Juli 2007 beginnen, die ersten 787 sollen 2010 übergeben werden. Die neuen Flugzeuge sollen unter anderem alte 767 ersetzen. Air Canada erwartet dank der neuen Maschinen deutliche Einsparungen bei den operativen Kosten. So soll die 787 – der „Dreamliner“ – bei den Treibstoff- und Unterhaltungskosten im Vergleich zur 767 rund 30 Prozent günstiger sein. Der Dreamliner mit 200 bis 300 Sitzen auf Routen zwischen 6 500 und 16 000 Kilometern eingesetzt werden. Boeing will 2006 mit der Produktion des neuen Modells beginnen.
Ursprünglich war der Vertrag zwischen Air Canada und Boeing bereits im April 2005 unterzeichnet worden – unter dem Vorbehalt, dass die Fluggesellschaft sich mit ihrer Pilotengewerkschaft in Gehalts- und Dienstaltersfragen einigt. Weil sich die Parteien nicht einigen konnten, stornierte Air Canada den Auftrag für Boeing. In einem Schlichtungsverfahren fanden Unternehmen und Gewerkschaft nun vor wenigen Wochen aber doch noch eine Lösung, so dass der Vertrag mit Boeing erneuert werden konnte.
Air Canadas Flugzeugflotte zählt 312 Maschinen, darunter 128 Airbus und 45 Boeing. Bei den Großraumflugzeugen dominiert Boeing.
HANDELSBLATT, Freitag, 11. November 2005, 12:02 Uhr
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