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BeitragVerfasst: Mittwoch 15. Februar 2006, 12:42 
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Karlsruhe: Luftwaffe darf Jets nicht abschießen



Karlsruhe (dpa) - Die Befugnis zum Abschuss entführter und als Waffe eingesetzter Flugzeuge verstößt gegen die Menschenwürde und ist damit nichtig. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Mittwoch verkündeten Urteil zum umstrittenen Luftsicherheitsgesetz entschieden. (Az: 1 BvR 357/05 vom 15. Februar 2006)

Nach den Worten des Ersten Senats ist Paragraf 14 des Luftsicherheitsgesetzes weder mit dem Recht auf Leben noch mit der Garantie der Menschenwürde vereinbar. Der Paragraf sollte dem Verteidigungsminister zur Verhinderung einer noch größeren Katastrophe den Abschuss voll besetzter Passagiermaschinen erlauben. Die Tötung Unschuldiger wäre damit selbst mit einer Verfassungsänderung nicht möglich. «Der Schutz der Menschenwürde ist strikt und einer Einschränkung nicht zugänglich», sagte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier bei der Urteilsverkündung.

Außerdem enthalte das Grundgesetz keine Ermächtigung für solche Terrorabwehrmaßnahmen der Bundeswehr. «Der Einsatz der Streitkräfte zu anderen Zwecken als zur Verteidigung ist nach geltendem Verfassungsrecht an enge Voraussetzungen gebunden», erläuterte Papier. Den Abschuss einer nur mit Terroristen besetzten Maschine halten die Richter dagegen grundsätzlich für regelbar, wenn das Grundgesetz entsprechend geändert würde.

Damit gaben die Karlsruher Richter den Verfassungsbeschwerden der früheren FDP-Spitzenpolitiker Burkhard Hirsch und Gerhart Baum sowie weiterer vier Kläger statt. Sie hatten das Anfang 2005 in Kraft getretene Luftsicherheitsgesetz - das Bundespräsident Horst Köhler mit erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken unterzeichnet hatte - als Preisgabe fundamentaler Rechtssätze kritisiert.

Nach den Worten der Karlsruher Richter würden durch den Abschuss eines gekaperten Passagierjets Unschuldige zum bloßen Objekt einer staatlichen Rettungsaktion gemacht. «Indem über ihr Leben von Staats wegen einseitig verfügt wird, wird den als Opfern selbst schutzbedürftigen Flugzeuginsassen der Wert abgesprochen, der dem Menschen um seiner selbst willen zukommt; sie werden verdinglicht und zugleich entrechtlicht», sagte Papier. Zudem lasse sich die Lage bei Erlass eines Abschussbefehls wahrscheinlich nicht immer voll überblicken.

Die fehlende Zuständigkeit des Bundes für eine Abschussbefugnis begründete der Senat damit, dass das Grundgesetz den Einsatz spezifisch militärischer Waffen zur Terrorabwehr nicht zulasse. Die Bundeswehr dürfe zwar nach Artikel 35 zur Unterstützung der Polizei bei einem «besonders schweren Unglücksfall» herangezogen werden. Das gelte bereits dann, wenn zum Beispiel ein Flugzeugabsturz unmittelbar bevorstehe.

Allerdings dürften die Streitkräfte - da es sich um polizeiliche Gefahrenabwehr handele - nur solche Hilfsmittel einsetzen, wie sie auch der Polizei zur Verfügung stünden, hieß es. Den Einsatz von Abfangjägern zur Abwehr eines Terrorangriffs hält das Gericht damit nach der derzeitigen Verfassungslage für nicht erlaubt.



© 2006 DPA



Ist Deutschland der einzige Staat in dem das jetzt nicht erlaubt ist?

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BeitragVerfasst: Mittwoch 15. Februar 2006, 12:56 
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Karlsruhe: Flugzeug-Abschuss im Terrorfall unzulässig



Der mögliche Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr im Innern bedarf einer Änderung des Grundgesetzes. Das geht aus einem am Mittwoch verkündeten Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zum umstrittenen Luftsicherheitsgesetz hervor.



Nach den Worten des Ersten Senats ist die Regelung - die dem Verteidigungsminister im Extremfall den Abschuss voll besetzter Passagiermaschinen erlauben sollte - weder mit dem Recht auf Leben noch mit der Garantie der Menschenwürde vereinbar. Denn dadurch würden Unschuldige zum bloßen Objekt einer staatlichen Rettungsaktion gemacht. "Der Schutz der Menschenwürde ist strikt und einer Einschränkung nicht zugänglich", sagte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier.



Historische Entscheidung

Außerdem enthalte das Grundgesetz derzeit keine Ermächtigung zum Einsatz der Bundeswehr zur Terrorabwehr. "Der Einsatz der Streitkräfte zu anderen Zwecken als zur Verteidigung ist nach geltendem Verfassungsrecht an enge Voraussetzungen gebunden", erläuterte Papier. Den Abschuss eines ausschließlich mit Terroristen besetzten Flugzeug hielt das Gericht dagegen - eine Grundgesetzänderung vorausgesetzt - grundsätzlich für regelbar.



Gegen das noch vom damaligen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) eingebrachte Regelwerk hatten die früheren FDP-Vorstandsmitglieder Burkhard Hirsch und Gerhart Baum, drei weitere Anwälte und ein Berufspilot Verfassungsbeschwerde eingelegt.



Hirsch und Baum bezeichneten das Karlsruher Urteil historische Entscheidung. "Dadurch wird der elementare Schutz des menschlichen Lebens und der Menschenwürde festgeschrieben", sagte Hirsch am Mittwoch in Karlsruhe. Das Bundesinnenministerium werde nun "zügig, aber ohne übertriebene Hast" den Erlass einer verfassungsmäßigen Neuregelung zum Schutz der Bürger vor Terrorangriffen prüfen, sagte Staatssekretär Peter Altmeier.



"Bundeswehr ist keine Ersatzpolizei"

Baum sprach von einer "weiteren Entscheidung gegen die Erosion der Grundrechte". Das Bundesverfassungsgericht habe jene Politiker zurechtgewiesen, "die die Sicherheit über die Grundrechte gestellt haben", sagte er. Zusammen mit Hirsch und vier weiteren Beschwerdeführern hat er in Karlsruhe durchgesetzt, dass die umstrittene Befugnis zum Abschuss entführter Passagiermaschinen für nichtig erklärt wurde.



Hirsch erläuterte, dass die Regelung selbst durch eine Grundgesetzänderung nicht wiederholt werden könnte, weil die Garantie der Menschenwürde nicht eingeschränkt werden dürfe. Baum warnte davor, die Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren auszuweiten. "Die Bundeswehr ist keine Ersatzpolizei." Wenn die Bundesregierung nicht dazu in der Lage sei, die Fußball-Weltmeisterschaft mit polizeilichen Mitteln zu schützen, hätte sie den Wettbewerb nicht nach Deutschland holen dürfen, sagte Baum.



Hinweise erwartet

Schily hatte dagegen in der mündlichen Verhandlung des Gerichts im November betont, das Gesetz sei nicht wegen der Terroranschläge vom 11. September 2001 entstanden, sondern unter dem Eindruck des Irrflugs eines geistig Verwirrten über Frankfurt am Main im Januar 2003 in den Bundestag eingebracht worden.



Wie der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Klaus-Peter Stieglitz, in einer Anhörung vor dem Bundesvverfassungsgericht im November schilderte, gehört es zum Alltag, das Flugzeuge den Funkkontakt zum Boden verlieren und so für die Flugsicherung nicht erreichbar sind. 2005 sei das 342 Mal der Fall gewesen. In 31 Fällen seien deshalb Jagdflugzeuge aufgestiegen und hätten Kontakt zum Cockpit aufgenommen.



Jung lehnt ab

Von dem Urteil wurden auch Hinweise zu den verfassungsrechtlichen Grenzen für einen Bundeswehreinsatz im Inneren erwartet. Davon wiederum wollen die Parteien der Großen Koalition im Bund abhängig machen, ob sie noch eine Grundgesetzänderung anstreben, die vor allem von CDU und CSU immer wieder gefordert worden war.



Die SPD hat dagegen ebenso wie FDP und Grüne, aber auch Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) die Übernahme polizeilicher Aufgaben für die Bundeswehr bislang abgelehnt. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und sein bayerischer Amtskollege Günther Beckstein (CSU) wollen die Soldaten indes bereits zum Schutz der Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer heranziehen.



(N24.de, Netzeitung)

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BeitragVerfasst: Mittwoch 15. Februar 2006, 13:38 
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Um es ganz ehrlich zu sagen - ein gutes Urteil. Damit wird dem Einsatz der Bundeswehr im Innern erstmal eine klare Absage erteilt. Zudem finde ich den Hinweis der Verfassungshüter auf die Nichtabwägbarkeit von Leben zu Leben wichtig und richtig.

Deswegen mein klares Bekenntnis - Danke BVerfG !!


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