Betrug-Airline: Piloten stehen vor dem Nichts
Sie haben sogar gute Jobs aufgegeben
Flieger um 120 Millionen Euro, 460.000 Euro „Firmen“-Schaden: Gesamtbilanz nach dem (mutmaßlichen) Betrug eines 29-jährigen Gollingers, der mit einer Fluglinie (RBA) starten wollte. Eine Gaunerei, mit der 47 Menschen fast um ihre Existenz gebracht wurden.
Salzburg war als Standort für eine Airline für viele der jetzt Geschädigten besonders interessant. „In Österreich gibt es ja nur fünf Airlines. Und mit der geplanten RBA wären viele Piloten und Flugbegleiterinnen in der Heimat stationiert gewesen“, erklärt der Salzburger „Business Flight“-Chef Gerhard Wimmer, der mit seinem Unternehmen Flugzeuge und Hubschrauber für KundInnen zur Verfügung stellt. „Ich kenne einige, die im Ausland stationiert sind, und sich von dem neuen Unternehmen vor allem einen Job hier vor Ort erhofft haben.“
Selbst Leute aus der Flugbranche, die bei „guten Airlines arbeiten“, hätten ihre Jobs gekündigt. Versprochen wurden ihnen Gehälter „über dem Kollektiv“, so Wimmer, der einige der betroffenen Piloten kennt. Eine „gewaltige Überredungskunst“ müsse hinter dem gesamten Airline-Schwindel gesteckt haben, meint der Salzburg Airport-Sprecher Richard Schano.
Die Piloten müssen wieder ganz unten beginnen
„Schwindel-Airline“ eines Gollingers hat Piloten und Flugbegleiterinnen um ihre Existenz gebracht
Richard Schano, Salzburg Airport-Sprecher: „Eine Start-up-Airline hat bei uns kaum Chancen, fünf Jahre lang muss man nach der Gründung Geld hineinbuttern.“
Foto: Wild&TeamEin Pilot der New Zealand Air hat mir von dem Projekt vorgeschwärmt. Er ist Schweizer und wäre mit Salzburg als Standort der Heimat viel näher gewesen. Meine Haltung war: Finger weg! Jetzt habe ich sein Dankes-Mail auf dem Tisch. Es hätte doch nur jeder fünf Minuten lang darüber nachdenken müssen, wer in so ein Projekt einsteigen soll“, so Schano.
Der (vermutete) Schaden durch die „Schwindel-Airline“ des 29-jährigen Gollingers Jürgen W. ist jedenfalls beträchtlich. Für die geplante „Royal Business Aviation“ hatte der (mutmaßliche) Hochstapler bereits vier Airbusse A319 um 120 Millionen Euro bestellt. Zur Flotte sollten zukünftig auch zwei neue Airbusse 350-900 gehören, die noch in Bau sind.
Höchst verlockende Angebote
„Für die Piloten war das natürlich höchst verlockend. Die Flotte wäre modernste Technologie gewesen, wie sie fast nur Top-Kapitäne haben, mit guten Arbeitsplätzen“, schildert Gerhard Wimmer von der Business Flight Salzburg. Deshalb seien auch einige, selbst von guten Airline-Jobs, abgesprungen.
Auf 460.00 Euro wird derzeit der restliche Schaden geschätzt. Insgesamt 47 MitarbeiterInnen hatte der Gollinger bereits angeheuert, Piloten, FlugbegleiterInnen und Mechaniker. Uniformen waren schon geschneidert und Luxus-Limousinen geordert. Im Dezember letzten Jahres hätte die neue Airline starten sollen. Viele Beschäftigte aus der Branche hatten bereits gekündigt und neue Verträge bei der „Schwindel-Airline“ unterzeichnet.
Sie stehen jetzt vor dem Nichts. Denn die Betroffenen haben sich „mit Aussicht auf den neuen Job nicht arbeitslos gemeldet. Aus dem Insolvenzfonds ist nichts zu erwarten, weil die Firma ja noch gar nicht existierte“, beschreibt Wimmer das Existenzdrama. „Jetzt stehen sie da.“
Müssen mit Geldeinbußen rechnen
In der Branche seien zwar genügend Jobs zu finden, die jetzt Geprellten würden sicher unterkommen. Aber, so Wimmer: „Wenn die Piloten jetzt neu bei einer Airline anfangen, müssen sie sich erst wieder hinaufarbeiten. Sie müssen mit weniger Geld rechnen, schlechteren Flugzeiten, und werden vielleicht in Bremen stationiert statt in München. Das dauert, bis jemand wieder zum First Officer wird.“ Bei ihren alten Fluglinien werde man sie nach der Kündigung kaum wieder einstellen, vermutet Wimmer.
Der Betreiber der Businness Flight Salzburg zählt selber zu den Geschädigten des Tennengauer Hochstaplers. Für eine Ausbildung zum Linienpiloten blieb er bei Wimmer rund 30.000 Euro schuldig. Der Exekutionstitel gegen den Gollinger reiche für 30 Jahre. Nachforschungen über eine Detektei gegen den vermeintlichen Airline-Chef hatten schließlich die Affäre ins Rollen gebracht.
Kaum Chancen für eigene Airline
Im Schnitt würde in Salzburg alle drei Jahre die Idee zu einer eigenen Fluglinie auftauchen, beschreibt Airport-Salzburg-Sprecher Schano, „durchaus auch mit seriösen Anbietern.“ Aber ohne in einer Allianz zu sein oder „low cost“ zu fliegen, gebe es kaum eine Chance.
Schano: „ Für eine Start-Up-Airline, also eine Gründung, benötigt man für rund fünf Jahre lang Rücklagen, denn bis dahin buttert man Geld hinein.“ So habe es die Idee gegeben, mit einer 747 den Nordatlantik zu überfliegen. Aber Salzburg habe kein so großes Einzugsgebiet, und sei kein Industriestandort. Der Möchtegern-Airline-Chef habe auch einen Long-Range-Flieger geplant gehabt. „Das bedeutet völligen Verlust der Realität“, so Schano.
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