Die EU will nationale Grenzen im Luftraum einreißen. Verkehrskommissar Antonio Tajani plant, die Mitgliedsstaaten zu verpflichten, die zersplitterten Flugkontrollen bis spätestens 2012 in großen Blöcken zusammenzulegen.
"Funktionale Luftraumblöcke sind der Schlüssel, damit die Flugsicherungen kooperieren, Synergien schaffen und mehr leisten", heißt es in einer EU-Verordnung, die die Kommission voraussichtlich am Mittwoch beschließen wird. Der Entwurf liegt der FTD vor. "Es ist unglaublich, dass ein Pilot beim Flug von Rom nach Tallinn noch mit sechs Flugsicherungen zu tun hat", sagte Tajani der FTD. "Wie in den 60er-Jahren."
Airlines könnten viel sparen
Brüssel setzt nun erstmals eine Frist, um den politischen Druck auf die Staaten zu erhöhen. Denn während im Schengen-Raum die Grenzkontrollen am Boden längst gefallen sind, halten sie sich am Himmel hartnäckig: Die 33.000 Flugzeuge, die täglich den europäischen Luftraum durchkreuzen, werden von 27 nationalen Kontrollsystemen in Hunderten Einzelsektoren überwacht. Jedes Land hat eigene Prozeduren.
Seit Jahren schmiedet die EU an dem Projekt Single European Sky, damit durch bessere Abstimmung der knappe Luftraum effektiver genutzt wird. Technische Systeme und die Ausbildung der Fluglotsen sollen vereinheitlicht werden. Die von explodierenden Kerosinpreisen gebeutelten Fluglinien versprechen sich davon jährlich 3 bis 5 Mrd. Euro Kostenersparnis.
Widerstand kam bisher von Großbritannien und Frankreich, die um den Einfluss der Militärs fürchten. Inzwischen sind jedoch Gespräche zwischen den Flugsicherungen Deutschlands, Frankreichs und der Benelux-Staaten, die zusammen einen Block formen sollen, weit gediehen, heißt es bei der Deutschen Flugsicherung (DFS). Entscheidend war das Einlenken der französischen Luftwaffe. Über Frankreich gibt es bisher Militärzonen, die zivile Flugzeuge zu Umwegen zwingen.
Gespräche gehen voran
Auch zwischen Großbritannien und Irland sollen die Gespräche vorankommen. Weniger zügig verlaufen dagegen die Verhandlungen der osteuropäischen und mediterranen EU-Staaten. Trotzdem wird in deutschen Regierungskreisen erwartet, dass die französische EU-Ratspräsidentschaft noch in diesem Jahr eine Kompromisslinie aufzeigen wird. Die DFS gibt sich verhalten optimistisch: "Wir müssen abwarten, ob die Politik diesmal wirklich nationale Befindlichkeiten überwindet, wenn es zum Schwur kommt", sagte ein Sprecher.
Eine Privatisierung der Luftsicherung schreibt Brüssel nicht vor. Länderübergreifende Fusionen der Flugsicherung, die mit der Aufgabe hoheitlicher Kompetenzen verbunden wären, halten Experten nur in ferner Zukunft für möglich. Die Privatisierung der DFS war vor zwei Jahren von Bundespräsident Horst Köhler gestoppt worden.
http://www.ftd.de/politik/europa/:Grenz ... 75432.html