Ralf Stöckling steht auf einer Treppe am Flughafen Tegel, bringt seine alte Pentax-Kamera in Position. Gleich soll ein Flugzeug in Richtung Seoul starten. An Bord sind die Berliner Philharmoniker, die ihre Asientour antreten.
Das interessiert Ralf Stöckling aber wenig, ihm geht es um das Flugzeug. "Die Lufthansa-Maschine ist ein Airbus 340-300, mit dem Kennzeichen D-AIGO. Die fliegt selten, da sie extra gechartert werden muss."
Der Flieger kommt in Sicht, Ralf Stöckling drückt ab, strahlt, denn er hat alles im Bild: die Maschine und die Gebäude des Flughafens im Hintergrund. "Das beweist, dass die Maschine zu Besuch in Tegel war."
Ralf Stöckling ist ein sogenannter Planespotter. Seit 1973 fährt er fast täglich an einen der Berliner Flughäfen, um Flugzeuge zu fotografieren. Und mit diesem Hobby ist er nicht allein. "Auf der Terrasse stehen noch etwa 20 Kollegen und knipsen", sagt Stöckling und weist auf die Besucherterrasse am Flughafen Tegel. Die Terrasse ist einer der letzten Orte, an denen die Fotografen ihrer Leidenschaft nachgehen können. Doch dort sind die Bedingungen alles andere als optimal: Gegenlicht, eingeschränkte Öffnungszeiten und fehlende sanitäre Anlagen machen den Planespottern das Leben schwer. "Außerdem kostet ein Besuch zwei Euro Eintritt", sagt Stöckling.
Tempelhof ist außer Betrieb, und in Schönefeld ist nach Schließung der nördlichen Landebahn und Baubeginn auf der Südseite kein gutes Foto mehr zu schießen. "Nun wird vor meinem Lieblingsplatz am Flughafen Tegel, einem Hügel an der Cité Pasteur, eine acht Meter hohe Lärmschutzwand gebaut", beschwert sich Stöckling. Dort saß er fast täglich, um die begehrten Flugzeuge vor die Linse zu bekommen. Der Bau der Mauer sei keine Gängelei der Planespotter, sondern schütze die Anwohner, so der Sprecher der Berliner Flughäfen, Eberhard Elie. "Künftig werden hinter der Lärmschutzwand Stellplätze entstehen. Wenn die Flieger ihre Triebwerke anlassen, entsteht Lärm, der bis zu den Wohnhäusern der Cité Pasteur reicht."
Doch Ralf Stöckling fühlt sich angegriffen, befürchtet, sein Hobby bald aufgeben zu müssen. Er wünscht sich mehr Aufmerksamkeit, denn seine Tätigkeit sei durchaus nicht sinnlos, verteidigt er sich. "Wir Planespotter dokumentieren das Geschehen, den Wandel der Flugzeuge im Laufe der Zeit." Während einige seiner Kollegen nur Triebwerke fotografieren, hat sich Stöckling auf analoge Fotografien von Flugzeugdesigns und -anstrichen spezialisiert. Mittlerweile hat er über 50 000 Dias zu Hause, nach Typ und Jahr sortiert. Er versteht sich als Historiker.
Im Falle eines Unfalls am Flughafen sind die Planespotter oftmals Zeugen und liefern mit ihrem Bildmaterial Beweise an die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung. Die Bilder, die nach Katastrophen an Flughäfen in den Medien veröffentlicht werden, stammen häufig von Flugzeugbeobachtern.
"Als im März am Flughafen Hamburg eine Maschine fast verunglückte, waren die Fotos heiß begehrt", sagt Elie. Er schaut selbst immer wieder auf die Homepage der Spotter, um sich über die neuesten "Trends" zu informieren.
Weitere Informationen:
www.berlin-spotter.de
http://www.morgenpost.de/printarchiv/be ... t_aus.html