Aktuelle Zeit: Samstag 19. April 2025, 08:34

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: In der Dämmerung
BeitragVerfasst: Mittwoch 21. Januar 2009, 22:33 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Freitag 10. Juni 2005, 12:57
Beiträge: 3856
Wohnort: Leipzig
In der Krise muss sich die Branche neu ordnen. Welche Airline profitiert, wer hinterherfliegt



Michael O´Leary kann endlich wieder große Töne spucken. „Ich liebe diese Rezession“, sagt der Chef der Billigfluglinie Ryanair. „Das Beste, was wir uns für diesen Winter wünschen können, ist eine gute, tiefe Rezession.“ In der ersten Jahreshälfte hatte der Ire nicht viel zu lachen – oder gar zu prahlen. Als der Ölpreis täglich von Rekord zu Rekord eilte, zerschoss es Ryanair die Bilanz – die Fluglinie sichert sich nicht gegen hohe Treibstoffpreise ab.



Jetzt fallen die Kerosinkosten kräftig, und die Iren fliegen zurück in die Gewinnzone. Mehr noch. Für O´Leary ist die Krise eine Chance. Er rechnet damit, dass einige Airlines Schwächen offenbaren werden. Die will er nutzen: „Wo immer in diesen Tagen jemand das Handtuch wirft, werden wir expandieren.“



Voller Schub. Der Rest der Branche teilt die Vorfreude auf den anstehenden Sturm nicht. Was der gesunkene Ölpreis an Kostenersparnis bringt, wird bei den meisten Airlines durch das Wegbleiben der Passagiere mehr als aufgefressen. Der Weltluftfahrtverband IATA, dem fast alle Fluglinien angehören, sieht sich mit „den schlechtesten Marktbedingungen seit 50 Jahren konfrontiert“. Die Zeichen in der Industrie stehen mehr denn je auf Umbruch. Die lange herbeizitierte Konsolidierung hat begonnen. „Und sie wird 2009 richtig Schub bekommen“, sagt ein Airline-Berater. O´Leary dürfte also Recht behalten: In der Krise liegen Chancen.



Zugegeben. Es gibt Zeiten, in denen denkt man nicht wirklich über Airline-Aktien nach. Eine Rezession in allen wichtigen westlichen Wirtschaftszentren ist so eine Situation. Die sich abkühlende Konjunktur in Asien hilft auch nicht gerade beim Werben um Investoren. Die meisten Unternehmen haben Angst vor dem Jahr 2009 und vor dem, was da auf sie zukommen könnte. Deshalb wird gespart, wo es nur geht. Geschäftsreisen sind mit das Erste, was gestrichen wird.



Erlöse im Tiefflug. Aber gerade deshalb wird es 2009 in der Luftfahrtbranche sehr spannend. Denn sie ist zum Umbau verdammt. Für 2008 rechnet IATA mit einem branchenweiten Verlust von rund fünf Milliarden Dollar. In diesem Jahr werden die Airlines nach neuester Schätzung noch einmal ein Minus von 2,5 Milliarden Dollar einfliegen (s. Grafik rechts). Das weltweite Passagieraufkommen wird dabei um rund drei Prozent zurückgehen. Es ist das erste Minus seit 2001. Damals, im Jahr der Anschläge des 11. September, betrug es 2,7 Prozent.



Dabei haben sich viele Fluglinien bereits gesundgespart. Seit dem Jahr 2001 senkte die Branche die Kosten, exklusive Kerosinaufwand, um rund 13 Prozent, berichtet IATA. Die Treibstoffeffizienz erhöhte sich um 19 Prozent. Das sparte den Unternehmen insgesamt fünf Milliarden Dollar allein im vergangenen Jahr. „Die Boshaftigkeit dieser Wirtschaftskrise überschattet diese Fortschritte“, sagt IATA-Chef Giovanni Bisignani.



Nur die Stärksten. Vor allem, weil viele Unternehmen keine Rücklagen bilden konnten. Vor den vergangenen beiden Airline-Krisen flog die Branche jeweils durch sechs gute Jahre. So verdienten die Fluglinien von 1995 bis 2000 zusammen fast 40 Milliarden Dollar. Nach sechs Jahren Durststrecke hatte die Branche mit 2007 aber nur ein gutes Jahr (s. Grafik „Ohne Polster in die Krise“). „Wenn die Krise zwei oder drei Jahre dauert, halten das nur die Stärksten aus“, sagt Per-Ola Hellgren, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg.



Zu den großen Gewinnern dürfte für viele Branchenkenner die Lufthansa zählen. Sie ist derzeit am breitesten aufgestellt, treibt wie kein Wettbewerber den Konsolidierungsprozess an und verfügt über eine der gesündesten Bilanzen. 2008 legte Konzernchef Wolfgang Mayrhuber Brussels Airlines, den Billigflieger Germanwings und Austrian Airlines (AUA) bereits unter den Weihnachtsbaum.



Für die Deals gibt es von den Experten Applaus. Brussels bietet das engste Netz auf dem afrikanischen Kontinent – dort waren noch die meisten weißen Flecken auf der Lufthansa-Weltkarte.



Dagegen ist AUA ein ganz anderer Brocken. Für 41,5 Prozent der Anteile, die der Staat hält, zahlt die Lufthansa 366000 Euro plus Besserungsschein von maximal 162 Millionen Euro in drei Jahren. Dafür leistet die Regierung Österreichs noch eine Restrukturierungsbeihilfe von 500 Millionen Euro. Das entspricht rund der Hälfte der AUA-Schulden, die die Lufthansa mit ins Gepäck bekommt.



Jetzt müssen Mayrhuber und seine Mannen zeigen, dass die Blitzsanierung der Swiss nach der Übernahme keine Eintagsfliege war. Bei der AUA sind die Baustellen nicht wirklich kleiner als bei den Eidgenossen damals.



Hunger auf mehr. Satt ist der Kranich trotz der vielen Zukäufe noch nicht. Die Komplettübernahme des britischen Anbieters BMI ist so gut wie erledigt. Auch bei Alitalia und SAS wird dem deutschen Primus Interesse nachgesagt.



Mayrhuber hat zwar den Berg an Arbeit im Krisenjahr deutlich vergrößert. Deshalb verfügt die Lufthansa jetzt aber über eine komfortable Ausgangsposition. Mit der AUA-Übernahme ist dafür gesorgt, dass Wettbewerber Air France nicht in den deutschsprachigen Raum eindringt. Außerdem sind die Österreicher stark in Osteuropa. BMI verfügt über wertvolle Start- und Landerechte auf dem Flughafen London Heathrow, Hauptdrehkreuz von British Airways (BA). Hier kann der Kranich jetzt besser wildern.



Experten loben vor allem den dezentral organisierten Airline-Verbund der Lufthansa, gepaart mit dem sogenannten Multi-Hub-System, also dem Nutzen mehrerer Drehkreuze. Neben Frankfurt und München sind das Zürich und künftig Wien. In der Summe wird so das Angebot für Passagiere deutlich größer und die Komplexität verringert. Damit steigt die Chance auf mehr Umsatz und eine höhere Rendite.



Anschluss verpasst. British Airways dagegen operiert mit der Langstrecke fast ausschließlich vom Flughafen Heathrow – der aus allen Nähten platzt. Zumal die Briten derzeit nicht recht vom Fleck kommen. Lange Zeit tat man in London so, als ginge einen die Konsolidierung nichts an. Dem weicht jetzt hektischer Aktionismus. Mit dem Ergebnis, dass es keines gibt. Seit Monaten verhandelt BA mit Iberia über einen Zusammenschluss. Ohne Erfolg. Jüngst verärgerte man den potenziellen Partner, weil BA-Chef Willie Walsh nebenher über einen Zusammenschluss mit der australischen Qantas verhandelte. Das macht den Zusammenschluss mit den Spaniern nicht einfacher. Qantas hat die Gespräche schon abgebrochen.



Ohnehin haben die Briten das Problem, dass sie ihr Geld vor allem auf den Nordamerika-Routen verdienen. Damit ist der Konzern besonders hart getroffen, wenn die Rezession in Amerika länger dauert. Lufthansa oder Air France verfügen über ein Gegengewicht mit einem größeren Asien-Anteil. Gen Osten ist das Geschäft noch wesentlich stabiler.



Auf der Jagd. Aber auch Air France muss nachlegen. Sonst fliegt Erzrivale Lufthansa im nächsten Wirtschaftsaufschwung davon. Die Franzosen operieren derzeit von zwei Drehkreuzen aus – Paris und Amsterdam. „Zu wenig“, sagt ein Unternehmensberater. Derzeit schielt der Konzern auf die insolvente Alitalia. Wie auch British Airways und Lufthansa. Air France und die Italiener sind schon Partner im Luftfahrtbündnis Sky Team. Damit stehen die Chancen nicht schlecht. Allerdings arbeitet Italien seit Monaten an einer nationalen Lösung. Es ist durchaus möglich, dass die Fluglinie am Ende doch nicht zum Verkauf steht.



Abseits von Alitalia hat Air France den Anschluss verloren. Die zähe Integration von KLM hat Spuren hinterlassen, berichten Kenner. Daher agiert der Konzern extrem vorsichtig mit Zukäufen. Weitere Kandidaten sind nämlich nicht im Gespräch. Mit Ausnahme von Aer Lingus. Die Iren brachten Air France jüngst als weißen Ritter vor der feindlichen Übernahme durch Ryanair ins Spiel.



Neue Beute. Spannend wird es auch bei den kleineren Fluglinien zugehen. Vor allem im Billigsegment. Ryanair will nur Aer Lingus. Easyjet sieht derzeit keinen Handlungsbedarf. Völlig offen ist die Zukunft von TUIfly und Condor. Beide wurden schon in den verschiedensten Varianten feilgeboten. Alle scheiterten.



Air Berlin scheint nach sehr guten Zahlen zum dritten Quartal die Integration von LTU endlich in den Griff zu bekommen. Hinter vorgehaltener Hand wird erzählt, die Berliner verhandeln mit TUI über eine gemeinsame Zukunft mit TUIfly.



Überdies sind die Berliner inzwischen selbst ein Übernahmekandidat. Es häufen sich die Gerüchte, die arabische Fluglinie Etihad Airways sei an einem Einstieg interessiert. Um in Deutschland mehr Landerechte zu erhalten.



http://www.focus.de/finanzen/boerse/luf ... 61840.html

_________________
Bild
JetPhotos.net
Ciao!


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast


Sie dürfen keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Sie dürfen keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
Powered by phpBB® Forum Software © phpBB Group
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de