Erfurter Flughafenchef Ballentin verhaftet
Erfurt. Der umstrittene Erfurter Flughafenchef Gerd Ballentin sitzt seit gestern Morgen in Haft. Das Amtsgericht habe wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr Haftbefehl erlassen, teilte die auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte Mühlhäuser Staatsanwaltschaft mit.
Der Erfurter Flughafen gehört zu 95 Prozent dem Land, fünf Prozent hält die Thüringer Landeshauptstadt.
Als neuer Flughafen-Geschäftsführer wurde gestern der Ex-Chef des Flughafens Leipzig-Halle, Wolfgang Hesse, der Belegschaft vorgestellt. Der 62-Jährige war bereits im April 2004 in Rente gegangen. Bei seiner Vorstellung sei dem Erfurter Flughafen-Personal mitgeteilt worden, dass es sich bei Hesse nicht um eine Interimslösung handele. Nach Informationen dieser Zeitung soll Hesse einen Dreijahresvertrag unterschrieben haben. Seine Funktion als Bevollmächtigter auf Honorarbasis für Liegenschaften am Flughafen Leipzig/Halle, die er im Zusammenhang mit dem Bau der Südbahn innehat, wird er weiterführen.
Ballentin wurde laut Staatsanwaltschaft auf dem Flughafengelände festgenommen, damit Beweismittel nicht mehr manipuliert oder vernichtet werden können. Die dem Beschuldigten drohende "erhebliche Strafe" rechtfertige den Schritt. Die Staatsanwaltschaft habe zudem Hinweise darauf, dass der Ex-Geschäftsführer mehrfach versucht habe, Beweise zu beseitigen. Den Ermittlungen zufolge ist Ballentin dringend verdächtig, im Jahr 2000 die Zahl der in Erfurt abgefertigten Fluggäste gefälscht zu haben. Offenbar seien 30.000 Passagiere zu viel gemeldet worden, um die Grenze von 500.000 Fluggästen zu erreichen. "Fördermittel in Millionenhöhe sollen durch dieses Täuschungsmanöver zu Unrecht bewilligt worden sein", erklärte die Anklagebehörde. Ingesamt geht es um neun Millionen Euro zum Ausbau einer Startbahn.
Im November hatte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen zum Verdacht falscher Passagierzahlen und Subventionsbetrug aufgenommen. In anonymen Briefen wird der Flughafenleitung zudem Mobbing von Mitarbeitern und Vorteilsnahme vorgeworfen. Weitere Vorwürfe waren durch die Selbstanzeige eines leitenden Flughafen-Mitarbeiters bekannt geworden. Daraufhin war Ballentin Anfang Januar zurückgetreten. Nach dem Willen der Landesregierung sollte er jedoch die Geschäfte bis zur Benennung eines Nachfolgers weiterführen.
Die SPD-Landtagsfraktion kündigte nach der Verhaftung Ballentins an, Verkehrsminister Andreas Trautvetter (CDU) vor den Untersuchungsausschuss zur Flughafenaffäre zu zitieren. Er müsse darüber aussagen, weshalb die Landesregierung auch nach dem Bekanntwerden immer neuer Vorwürfe gegen die Flughafen-Leitung nichts unternommen habe. Dem Verkehrsstaatssekretär Roland Richwien (CDU) warf die SPD vor, er habe sich "bis zum letzten Moment vor den angeschlagenen Geschäftsführer gestellt". Die PDS-Fraktion sprach mit Blick auf Land und Kommune von "komplettem Versagen". Sie seien daher hauptverantwortlich für das Geschehene.
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