Turkish Airlines auf Wachstumskurs
Von Gerd Höhler
Die staatlich kontrollierte Fluggesellschaft Türk Hava Yollari (THY), international bekannt als Turkish Airlines, profitiert vom starken Wachstum der türkischen Wirtschaft, dem Boom im Tourismus und der EU-Beitrittsperspektive des Landes.
ISTANBUL. Die Airline will in diesem Jahr ihre Flotte und ihr Streckennetz stark ausbauen.
„2005 war für uns ein sehr erfolgreiches Jahr“, freut sich CEO Temel Kotil. In den ersten neun Monaten stiegen die Einnahmen um 30 Prozent auf 1,8 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn kletterte um 31 Prozent auf 106 Millionen Dollar. „Unsere Gewinnmarge liegt bei rund fünf Prozent“, sagte Kotil dem Handelsblatt. Ende 2004 trennte sich die Regierung von 24,82 Prozent der THY-Aktien, die sich seither im Streubesitz befinden. 75,18 Prozent hält die staatliche Privatisierungsbehörde OIB. „Wir führen das Unternehmen aber allein nach kommerziellen Kriterien“, versichert der CEO. Ob und wann es einen zweiten Börsengang geben wird, ist bisher noch nicht entschieden. Der Staat werde in jedem Fall die Mehrheit der Stimmrechte behalten, hatte Vizepremier Abdullatif Sener erst kürzlich erklärt.
Die Teilprivatisierung hat sich allerdings bereits positiv auf die Profitabilität der Fluggesellschaft ausgewirkt: Im Vorfeld des IPO durfte die Airline erstmals ohne Regierungseinfluss Arbeitsplätze abbauen und Tarife kalkulieren. Inzwischen arbeitet das Unternehmen mit einer sehr günstigen Kostenstruktur. „Unsere operativen Kosten lagen 2004 bei 6,65 Dollarcent pro angebotenem Sitzkilometer gegenüber 10,16 Dollarcent bei Lufthansa“, rechnet Kotil vor.
Dank einer relativ jungen Flotte schneidet THY auch bei den Treibstoffkosten besser ab als viele europäische Konkurrenten, obwohl die Airline kein Hedging betreibt. Kotil sieht jedoch weiteres Kostensenkungspotenzial, zum Beispiel in Marketing und Verkauf. Forcieren will er vor allem das Geschäft mit elektronischen Tickets sowie den Vertrieb über das Internet.
Im vergangenen Jahr hat Turkish Airlines die Zahl der beförderten Passagiere um 20,4 Prozent auf knapp 13,7 Millionen gesteigert. Ein stärkeres Wachstum verzeichnete in Europa nur der spanische Low-Cost-Carrier Spanair. Da THY die Kapazität um 13 Prozent ausgeweitet hat, ist der Sitzladefaktor auf 73,6 Prozent gestiegen. Er liegt damit allerdings noch deutlich unter dem europäischen Branchendurchschnitt von 76 Prozent.
Der Steigflug der Airline spiegelt das Wachstum der türkischen Wirtschaft wider: im vergangenen Jahr wuchs das Bruttoinlandsprodukt nach vorläufigen Zahlen um 5,6 Prozent. Ein starker Wachstumsmotor ist die EU-Beitrittsperspektive, dank derer die ausländischen Direktinvestitionen steigen. Zum anderen profitiert die Airline vom nach wie vor boomenden Türkei-Tourismus. Die Zahl der Türkei-Urlauber ist im vergangenen Jahr gegenüber 2004 um 20,4 Prozent gestiegen.
Um künftig noch stärker vom Reiseboom zu profitieren will die Fluggesellschaft ihre Flotte von derzeit 82 Flugzeugen bis zum Jahr 2008 auf gut 100 Maschinen aufstocken. Das Durchschnittsalter wird dann etwa sechs Jahre betragen. In diesem Jahr werden 13 Boeing 737-800 sowie neun Airbus-Jets der Typen A320, A321 und A330 in Dienst gestellt. Mit der Flottenerweiterung wird der türkische Carrier innerhalb von fünf Jahren die Sitzplatzkapazität um fast 75 Prozent steigern. Damit wächst die Airline derzeit stärker als je zuvor in ihrer 73-jährigen Geschichte.
THY-Vorstandssprecher Ali Genc sieht keine Schwierigkeiten, das zusätzliche Angebot abzusetzen: „Wir eröffnen allein in diesem Jahr 24 neue Routen, vor allem nach Osteuropa, Nahost und Mittelasien, aber auch nach Westeuropa, Afrika und Fernost“. Noch entfallen nur rund zehn Prozent der Erträge auf den Transitverkehr, aber Ziel ist, Istanbul als Hub für Umsteigeverbindungen zwischen Europa und Asien auszubauen. Wichtigster Auslandsmarkt ist Deutschland, wo THY teils mehrfach täglich acht Ziele anfliegt.
Über einen Beitritt zu einer der drei großen globalen Airline-Allianzen ist noch nicht entschieden. „Wir sind als potenzieller Partner gefragt, sprechen mit allen und werden in naher Zukunft eine Entscheidung treffen“, sagt Genc.
Als zunehmend lukratives Geschäft erweist sich für THY die Flugzeugwartung. Bereits jetzt sind zahlreiche ausländische Airlines regelmäßige Kunden auf der THY-Werft in Istanbul, darunter Lufthansa. Aber die Kapazitäten sind zu knapp. In einem Joint Venture mit Singapore Technologies Aerospace baut THY deshalb jetzt am Flughafen Sabiha Gökcen im asiatischen Teil Istanbuls für 200 Millionen Dollar eine Technikbasis. Der Betrieb, ausgelegt für die Wartung von 350 Flugzeugen pro Jahr, soll im Jahr 2007 eröffnet werden und mittelfristig Einnahmen von rund 470 Millionen Dollar erzielen.
http://www.handelsblatt.com/pshb/fn/rel ... index.html
Was meint ihr gäbe es Potential für Flüge Leipzig-Istanbul?