Lufthansa kämpft gegen Nachtflugverbot
Fraport und Landesregierung könnten in Turbulenzen geraten / "An Klage wird derzeit nicht gedacht"
FRANKFURT Die Lufthansa (LH) wird ein Nachtflugverbot auf ihrer Heimatbasis, dem Frankfurter Flughafen, nicht hinnehmen. Das machten Unternehmensvertreter beim Erörterungstermin zum Flughafenausbau unmissverständlich deutlich.
Von
Christoph Risch
Karl-Rudolf Rupprecht, der für den Lufthansa-Betrieb am Frankfurter Flughafen verantwortlich ist, geht davon aus, dass rund 1,5 Prozent der Gesamtflugbewegungen in der Zeit zwischen 23 und 5 Uhr stattfinden müssen, damit das Unternehmen wirtschaftlich arbeiten kann. In absoluten Zahlen ausgedrückt: In dem genannten Zeitraum gäbe es danach rund 25 Starts und Landungen. Von einem absoluten Nachtflugverbot, wie es die Landesregierung und das Flughafenunternehmen Fraport für den Fall des Ausbaus zusichern, könnte damit keine Rede mehr sein.
Nach Aussagen von Rupprecht wären von einem Nachtflugverbot vor allem die beiden LH-Töchter Condor (Ferienflieger) und Cargo (Luftfracht) betroffen. Die Folgen könnten die Komplettverlagerung einzelner Betriebsteile oder die Geschäftsaufgabe sein. Eine Unternehmensberatung hat ausgerechnet, dass ohne nächtliche Flugerlaubnis 7300 Arbeitsplätze am Standort Frankfurt bedroht wären.
Condor-Geschäftsführer Jean Christoph Debus wies darauf hin, dass sich in Frankfurt die technische Wartungsbasis mit bestens ausgebildetem Personal für die gesamte Condor-Flotte befinde. Für Hans-Peter Treibel von Lufthansa-Cargo gibt es keine Alternative zu Nachtflügen: "Den Takt für das weltweit profitable nächtliche Expressfrachtgeschäft bestimmt der Kunde, nicht wir." So sei es - wegen der Zeitverschiebung - möglich, dass Ware, die bis 22 Uhr in Frankfurt angeliefert wird, in Chicago schon mit der Morgenpost ausgeliefert wird.
Auch wenn Fraport und Landesregierung an dem von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) garantierten Nachtflugverbot festhalten wollen, hofft die Lufthansa auf eine einvernehmliche Lösung. Sie spricht daher nicht von einem "absoluten" Verbot nächtlicher Flüge, sondern von einem "praktikablen", bei dem die von LH für notwendig gehaltenen Flugbewegungen durchgeführt werden können. An eine Klage werde derzeit nicht gedacht, so LH-Sprecher Stefan Schaffrath. Dabei stünden die Erfolgschancen für das Unternehmen gut: Ein Weltflughafen wie der in Frankfurt muss rund um die Uhr in Betrieb sein.
Die Hoffnung von Fraport und Landesregierung, dieses Problem über ein Flughafensystem zu lösen, geht möglicherweise nicht auf. Die Idee: Frankfurt und der Hunsrück-Flughafen Hahn werden als Einheit gesehen und die Nachtflüge über Hahn abgewickelt. Damit wäre das System Frankfurt/Hahn rund um die Uhr erreichbar, ohne dass es in Frankfurt Nachtflüge gäbe. Doch ein solches System bedarf der Genehmigung durch die EU, die aber steht noch aus. Ob sie überhaupt kommt, ist fraglich. EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot wollte Koch jedenfalls bei dessen jüngstem Besuch in Brüssel keine Zusage geben. Selbst wenn sie käme, wäre das wegen der großen Distanz zwischen Frankfurt und Hahn für die Lufthansa keine Alternative, wie jetzt im Erörterungsverfahren deutlich wurde.
Während die Lufthansa noch auf eine Kompromisslösung setzt, halten sich rund 30 andere Fluggesellschaften ausdrücklich den Weg offen, gegen das Nachtflugverbot zu klagen. Sie fordern flexible Regelungen mit zahlreichen Ausnahmen. Dass dies am Ende auch erreicht wird, befürchtet der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der den Ausbau ablehnt: "Erst wird ausgebaut, dann sagt uns die Landesregierung, wir hätten ja gerne ein Nachtflugverbot gewollt, durften aber nicht." Das wäre, so BUND-Sprecherin Brigitte Martin, eine unverantwortliche politische Haltung und ein Vertrauensbruch.
Wiesbadener Tageblatt
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