Showdown bei Delta Airlines
Insolvente US-Fluggesellschaft will die Gehälter kürzen - Piloten drohen mit Streik - Arbeitskampf würde für die Airline das Aus bedeuten
von Martin Dowideit
New York - Wäre dieser Tag ein normaler Tag, würde Steve Llanes im Cockpit einer Boeing 767 sitzen. Nach zehn Stunden Flug von Atlanta über den Pazifischen Ozean würde er das Fahrwerk der Maschine ausfahren und das Flugzeug auf der Landebahn des Honolulu Airport aufsetzen. Den Feierabend verbrächte der Pilot der US-Fluggesellschaft Delta wie schon oft in einem Hotel mit Blick auf den Strand Hawaiis. Mit einem Fruchtcocktail ließe er den Tag ausklingen.
Doch heute ist für den 48jährigen mit den schwarzen Haaren kein normaler Tag. Kein Flug, kein Strand, kein Cocktail. Llanes ist Mitglied im Streikkomitee der Pilotengewerkschaft und hat alle Hände voll zu tun. Es herrscht Arbeitskampf. Der ehemalige Airforce-Pilot marschiert mit zwei Dutzend Kollegen vor einem Terminal am New Yorker Flughafen LaGuardia auf und ab. Warnstreik. Sie haben die Dienstuniformen angezogen und tragen Schilder, auf denen Sprüche stehen wie "Nicht die Spritpreise sind schuld, sondern das Management".
Die drittgrößte Fluggesellschaft der USA verscherzt es sich nicht ohne Grund mit ihren wichtigsten Mitarbeitern - Delta muß sparen. Allein 2005 fiel bei einem Umsatz von 16 Mrd. Dollar ein Verlust von 3,8 Mrd. Dollar an. Seit Oktober steckt das Unternehmen mit den 52 000 Mitarbeitern im Konkursverfahren, zwischen 7000 und 9000 Angestellte müssen gehen. Nach Kapitel elf des US-Insolvenzrechts kann Delta den Betrieb zwar weitgehend aufrechterhalten. Doch ein kompletter Pilotenstreik würde für die US-Airline mit den meisten Starts- und Landungen in Deutschland das Aus bedeuten.
Nach einem Streik von zwei Tagen Dauer haben Deltas Banken das Recht, die für das Konkursverfahren gewährte 2,2-Mrd.-Dollar-Zwischenfinanzierung zu stornieren. "Bereits einen 24stündigen Streik dürfte Delta nicht überleben", sagt Vorstandschef Gerald Grinstein. Er will die Kosten um drei Mrd. Dollar pro Jahr senken. Sein Unternehmen erreiche in allen Bereichen die Sparziele - mit Ausnahme der Pilotengehälter. Von den 6000 Piloten verlangt Grinstein, Einschnitte von über 300 Mio. Dollar jährlich hinzunehmen.
Nach Angaben der Gewerkschaft entspricht das Gehaltseinbußen von 18 Prozent plus weiterer Einschnitte bei den Pensionszahlungen. "Die Forderungen des Managements gehen weit über Deltas berechtigte Ansprüche hinaus", so Lee Moak, Chef der organisierten Delta-Piloten. Die Pilotenvereinigung ist bereit, ein Drittel der Delta-Forderungen zu erfüllen. Doch Grinstein droht, den Beschäftigungsvertrag mit den Piloten aufzukündigen. Die Pensionsverpflichtungen könnten im Konkursverfahren an einen staatlichen Rettungsfonds abgetreten werden. Für die Piloten würde das große Einbußen bei der Rente bedeuten.
Derzeit verhandeln Management und Piloten vor einem Schlichtergremium über die Auflösung des Tarifvertrags. Eine endgültige Entscheidung soll das Komitee bis zum 15. April fällen. Die Gewerkschaft hat bereits mit der Abstimmung über einen Streik begonnen. "Die Kollegen sind bereit, die Arbeit niederzulegen", sagt Pilot Llanes. "Schließlich haben wir bereits Ende 2004 eine Kürzung unserer Löhne und Zusatzleistungen um die Hälfte hingenommen." Doch Deltas Finanzchef Edward Bastian sagt, die geforderten Lohnkürzungen seien nicht verhandelbar, "da dies das Minimum ist, was die Firma zum Überleben braucht".
http://www.welt.de/data/2006/03/31/867547.html