(Die Presse) 16.11.2006
Die Übernahme im Wert von acht Mrd. Dollar soll die Sanierung der insolventen Delta beschleunigen.
New York (eid/ag). "Dear Jerry" - so freundschaftlich und locker beginnt der Brief, in dem Doug Parker, Chef der US Airways, am Mittwoch seinem Konkurrenten Gerald Grinstein von Delta Airlines ein milliardenschweres Fusionsangebot machte. Die Antwort von Grinstein steht noch aus - viel spricht dafür, dass sich die Nummer drei und die Nummer fünf der US-Luftfahrt zusammenschließen. Die neue Delta - unter dem weltweit bekannten Namen soll die Fluglinie agieren - wäre mit mehr als 130 Mio. Passagieren eine der weltweit größten Fluglinien und die Nummer ein im Transatlantik-Verkehr.
Konkret bietet Parker den Gläubigern der seit einem Jahr insolventen Delta acht Mrd. Dollar (6,24 Mrd. Euro), die je zur Hälfte bar und in Aktien gezahlt würden. Das entspricht einem 25prozentigen Aufschlag zum inoffiziellen Aktienkurs.
Auch US Airways agierte bereits unter Chapter 11 nach US-Insolvenzrecht. Einer neuerlichen Pleite entkam die Fluglinie 2005 nur durch Fusion mit American West. Parker gilt seither als großer Fan von Fusionen. "Die Fusion ist der Motor für eine erfolgreiche Sanierung", sagte er erst vor kurzem.
300 Mio. Dollar Synergien brachte der Zusammenschluss von US Airways und American West. Viel höhere Einsparungen, 1,65 Mrd. Dollar, verspricht Parker dem Kollegen Grinstein. Delta soll mittels Fusion auch schneller aus der Insolvenz kommen. "Das ist ein Wert, den wir auch bei bester Führung und optimalem Kostenmanagement allein nicht schaffen würden", schreibt Parker. Und er schließt mit einem Kompliment: "Sie haben mit Ihrem Team extrem hart an der Restrukturierung gearbeitet - Respekt. Wir, das Management und unsere Berater, glauben aber, dass eine Fusion mit US Airways den Gläubigern und Aktionären von Delta noch mehr Wert bringen würde. Das ist eine einmalige Gelegenheit."
Ein Problem könnte sich daraus ergeben, dass die Fluglinien unterschiedlichen Allianzen angehören. Delta dem SkyTeam, US Airways der Star Alliance, zu der auch die AUA gehört.
Die US-Luftfahrt schlitterte nach den Terrorattacken von 9/11 in die schwerste Krise ihrer Geschichte. Im Gegensatz zu Europa und Asien war die US-Luftfahrt bereits Jahre zuvor liberalisiert worden und die Airlines hatten sich in beinharten Konkurrenzkämpfen aufgerieben. Die PanAm war das prominenteste Opfer dieser Entwicklung. TWA wurde von American Airlines geschluckt.
Trotz milliardenschwerer Subventionen - die die europäische Konkurrenz auf die Palme brachten - erholten sich die Airlines kaum. Als dann der Ölpreis stieg, erwischte es vier der sieben großen US-Fluglinien: United, Delta, Northwest und US Airways. Letztere und United beendeten nach schmerzhaften Restrukturierungen das Insolvenzverfahren, Delta und Northwest arbeiten noch daran. Das Insolvenzverfahren nach US-Recht bedeutet nicht das Aus, sondern die Aussetzung der Zahlungen an die Gläubiger sowie deren Zugriff auf Firmenwerte. Damit erhöht sich die Chance auf Sanierung.