LEJpzig hat geschrieben:
Grundsätzlich finde ich den Streik und die Forderung nach einer höheren Vergütung schon ok. Wobei die von LH gebotenen 7,7% nicht von schlechten Eltern sind. Knapp 10% halte ich auch schon für etwas überzogen"..."Also, grundsätzlich finde ich es richtig, aber die Forderung der Gewerkschaft ist mir persönlich auch zu hoch."
Nungut, auch wenn der Thementitel sich eigentlich auf die Gehaltsforderungen der Piloten von CL und EW bezieht, hat sich dieser Diskussionszweig inzwischen auf die Vergütungsrunde des Bodenpersonals (und teilweise der Kabine) "eingeschossen". Darum jetzt meine ganz persönlichen Ausführungen:
Zunächst erstmal zu dem obigen Zitat von LEJpzig: richtig ist, das ver.di für die nächsten 12 Monate 9,8% mehr Gehalt auf die Tabelle fordert. Falsch bzw. nicht ganz richtig ist, daß die Deutsche Lufthansa bislang 7,7% anbietet. Wenns noch keiner gemerkt hat, ich bin selber "Betroffener" und weiß wie sich das derzeitige Angebot von LH genau zusammensetzt und bilde mir auch ein etwas zum Angebot sagen zu können:
konkret bietet LH zum 01.07.2008 4,6 % mehr auf die aktuellen Tabellenwerte an, zusätzlich zum 01.07.2009 nochmals 2,1 % auf die dann gültige Tabelle. Zusätzlich werden einmalig 1% der individuellen Jahresverütung, sozusagen als Bonus, draufgelegt. Insgesamt endet das vorgelegte Angebot nach 21 Monaten, also zum 31.03.2010. Ich denke und da spreche ich wohl für eine Mehrzahl von Kollegen und Kolleginnen, sind die 4,6 % zum 01.07.2008 durchaus nicht der Diskussionspunkt, wohl eher die Gesamtlaufzeit und die dürftigen 2,1 % zum Juli 2009. Wenn man das zusammenrechnet bekommt man dann über knapp zwei Jahre circa den Inflationsausgleich und jenachdem wie hoch die Inflation tatsächlich ist eine überschaubare Reallohnerhöhung. Die Einmalzahlung von 1% der individuellen Grundvergütung ist nahezu zu vernachlässigen, gerade im Vergleich mit einer satt erhöhten Einmalzahlung beim Vorstand (>40% in 2007).
Es sei an dieser Stelle auch erwähnt, daß die Piloten von der Passage (also ab B737) ohne Streiks u. ä. 5,5 % Gehaltserhöhung auf die Tabelle erhalten haben, bei einer Laufzeit von, so glaube ich, 18 Monaten (entschuldigt bitte die Ungenauigkeit, aber ich habe vergessen nochmal nachzuschlagen) zzgl. einer mir ebenfalls gerade nicht geläufigen Einmalzahlung.
Sicherlich und da spreche ich für mich selbst, wären 9,8 % eine nette Steigerung (bezogen auf eine Laufzeit von 12 Monaten = Forderung ver.di), allerdings halte ich die auf Dauer für nicht bezahlbar. Ein gestuftes Modell über z. B. 21 Monate wäre für mich kein Problem. Allerdings sollte, gerade mit der zweiten Steigerung, wenigstens die Inflationsrate ausgeglichen werden. Ich denke ein solches Angebot wäre für LH kein Problem und vor allem auch maßvoll. Gerade wenn man die Produktivitätssteigerungen im Konzern sich anschaut (leider nur intern verfügbar), so würde sich LH mit einem erhöhten Angebot sicherlich nich zu weit aus dem Fenster hängen.
Das Gerassel in den Medien über ein sich verschlechterndes Marktumfeld, hohe Kerosinkosten etc. kommt auch immer just in dem Moment, an dem die Angestellten ihren Anteil am Unternehmenserfolg einfordern. Besonders sei an die Kollegen gedacht, die Anfang der 90er Jahre tiefe Einschnitte akzeptiert haben und denen damals versprochen wurde, sie würden an den Früchten des Erfolgs beteiligt. Noch vor ein paar Wochen wurde stetig daran festgehalten, daß das Ergebnis in 2008 mindestens das von 2007 wiederholt, vielleicht sogar mehr. Von eventuellen Verlusten in 2009 war da noch keine Rede. So grundlegend hat sich die Situation innerhalb von ein paar Wochen nicht verändert. Wer diese Berichte in einschlägigen Wirtschaftszeitungen für Zufall hält, der glaubt wahrscheinlích auch an den Weihnachtsmann. Hier rasseln die beteiligten Tarifparteien gewaltig mit den Säbeln, LH will den Abschluß klein halten und ver.di kämpft, nachdem in den letzten Jahren die Mitglieder davongelaufen sind, um seine Daseinsberechtigung.
Es ist mir bewußt, daß es in diesem Land weitaus schlechter bezahlte Branchen gibt. Es kann allerdings nicht sein, daß man immer nur schaut, wo die Bedingungen schlechter sind-Tatsache ist nunmal, daß der Lufthansakonzern auch im brancheninternen Vergleich sehr gut aufgestellt ist. Dies hat mit richtigen strategischen Entscheidungen und maßvollem Umgang mit den Ressourcen zu tun, allerdings auch in einem nicht unerheblichen Teil mit dem persönlichen Einsatz jedes/jeder einzelnen Angestellten im Konzern. Diese fordern jetzt einen Anteil am Erfolg und dieser sollte nicht nur dem Vorstand und den Aktionären zustehen.