Flughafen-Kritik "aus dem Elfenbeinturm"
Institut der deutschen Wirtschaft fordert dritte Start- und Landebahn / Land und Planer halten die Studie für Unsinn
SCHÖNEFELD. Schönefeld wird zum Großflughafen ausgebaut - so heißt es jedenfalls. Doch Klaus-Heiner Röhl vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln ist anderer Meinung. Der Forscher geht davon aus, dass Berlin Brandenburg International (BBI) spätestens 2025 zu klein sein wird. Dann reichten die zwei Start- und Landebahnen, die derzeit dort entstehen, nicht mehr aus. Wenn der Luftverkehr im bisherigen Tempo weiter wachse, benötige BBI eine dritte "Runway". Unsinn, entgegnen das Land und die Planer. "Der neue Flughafen wird bedarfsgerecht gebaut", so Lothar Wiegand, Sprecher von Verkehrsminister Reinhold Dellmann (SPD). Die Studie sei eine "Wortmeldung aus dem Elfenbeinturm", bemängelt Flughafensprecher Ralf Kunkel.
"Deutschland droht bei der Luftverkehrsentwicklung abgehängt zu werden", warnt das arbeitgebernahe Wirtschaftsforschungsinstitut. "Während Paris, Amsterdam und andere Drehkreuze ihre Kapazitäten zügig ausbauen, werden Engpässe hierzulande nur zögerlich beseitigt." In Berlin und Brandenburg drohe sogar ein Rückschritt. Denn am drittgrößten Flughafenstandort im Land zeichne sich ein "Trauerspiel" ab, kritisiert Röhl. Der neue Airport BBI, der nach offiziellen Angaben Ende 2011 öffnen soll, werde "nur geringe Kapazitätsreserven" haben. Nach Röhls Berechnungen sind pro Stunde höchstens 90 Starts und Landungen möglich. Das sei weniger Verkehr, als derzeit in Tegel, Schönefeld und Tempelhof zusammen stattfinde - dort zählt der Wirtschaftsforscher insgesamt 95 Flugbewegungen in der Stunde.
Um angesichts des zunehmenden Flugverkehrs Platz zu schaffen, stünden zwei Lösungen zur Wahl. Variante eins: "Die BBI-Planer sollten sich Gedanken machen, wo sie eine dritte Start- und Landebahn anlegen", verlangt Röhl. Denkbar sei es auch, den nach dem Weiterbau der Autobahn A 113 verbleibenden Teil der Schönefelder Nordpiste weiter zu nutzen. Variante zwei: Der Flughafen Tegel, der 2012 schließen soll, muss offen bleiben - zum Beispiel für den Regierungsflugverkehr. Auch für private Flieger. Das Beispiel München zeige, dass für die "General Aviation" auf einem großen Flughafen kein Platz ist.
Es sei "schlichtweg falsch", dass BBI nicht groß genug ist, kontert Kunkel. Der neue Flughafen werde für jährlich 40 Millionen Passagiere und 360 000 Starts und Landungen ausgelegt. Das sei deutlich mehr als heute: 2006 wurden auf Berlins Flughäfen 18,5 Millionen Fluggäste und 250 000 Flugbewegungen gezählt. "Die Berechnungen des Instituts können wir nicht nachvollziehen", sagt der Flughafensprecher.
Im Übrigen sei nicht die Zahl der Start- und Landebahnen entscheidend, sondern wie viele Fluggäste im Terminal gleichzeitig abgefertigt werden können. Auf dem drittgrößten Flughafen der Welt in London-Heathrow, wo es ebenfalls zwei "Runways" gibt, wurden von April 2006 bis Ende März dieses Jahres 67,35 Millionen Reisende gezählt.
London-Gatwick hat sogar nur eine einzige Start- und Landebahn - bewältigte aber im vergangenen Jahr rund 260 000 Flugbewegungen und zirka 34 Millionen Passagiere.
http://www.berlinonline.de/berliner-zei ... 78262.html