Streit um die Nachtruhe in Schönefeld
Flughafenbetreiber wollen freie Hand in Kernzeit von fünf bis null Uhr
In die Freude über die Starterlaubnis für den Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) mischen sich unüberhörbar kritische Töne zum von den Verwaltungsrichtern verfügten weit gehenden Nachtflugverbot. Der Berliner Flughafenbetreiber verlangt für Schönefeld ein möglichst kurzes Nachtflugverbot.
Zusammen mit den Airline-Kunden möchte der Betreiber Starts und Landungen von fünf Uhr bis Mitternacht durchsetzen. Airport-Geschäftsführer Dieter Johannsen-Roth will möglichst „freie Hand“ und kündigt einen „klaren Bedarfsnachweis für Nachtflüge“ an.
Unterstützung erhält er von den Gesellschaftern Bund sowie den Ländern Berlin und Brandenburg. Berlins Regierender Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) interpretiert das Leipziger Urteil in der bislang vorliegenden Form so: Das Gericht habe „reguläre Flüge zwischen 22 und null Uhr sowie zwischen fünf und sechs nicht ausgeschlossen“. Es müsse daher ein begründetes Gutachten über den tatsächlichen Bedarf vorgelegt werden.
BBI-Sprecher Ralf Kunkel begründet, warum die verordnete Einschränkung der Flugzeiten für Streit sorgt. „Unter dem Wettbewerbsdruck in der Branche hat sich in den zurückliegenden Jahren auf den großen Flughäfen die Zeit zwischen fünf und null Uhr als Kernzeit entwickelt" Diese Zeiten, früher oft als Randzeiten abgetan, würden für die Wirtschaftlichkeit der Airlines und der Airports immer wichtiger, sagt Kunkel der RUNDSCHAU.
Tatsächlich richten sich die Proteste der Fluggesellschaften auch nicht gegen das Flugverbot zwischen Mitternacht und fünf Uhr. Ein solches Verbot besteht nämlich auch auf anderen Flughäfen – etwa auf dem Drehkreuz München, das trotzdem wächst und weiter expandiert. Es geht den Airlines wie den Schönefeld-Betreibern eher um die Zeitfenster am frühen Morgen und am späten Abend. „Jede Beschränkung ist nicht gerade wünschenswert“, sagt Heinz-Joachim Schöttes, Vizechef der Lufthansa-Billigfliegertochter Germanwings. „Wir, die von Anfang an auf Schönefeld gesetzt und uns hier fest angesiedelt haben, legen Wert auf das Gesamtpaket der Rahmenbedingungen am Flughafen: realistische Gebühren, schnelle Abfertigung, also alles, was fürs Geschäft wichtig ist. Und die sehen wir in Schönefeld gegeben.“
Ferien- und Frachtflieger besorgt
Problematischer dürften die Einschränkungen der Flugzeiten für die Ferienflieger und den Frachtflug werden. „Da hatte Berlin in der Tat nicht die besten Karten“, sagt Klaus Wowereit. Aber das sei der Preis für einen stadtnahen Flughafen. Ob sich daraus – wie von der Erie Drewitz International (Edi) gewünscht – eine Kooperation zwischen Schönefeld und dem geplanten Frachtflughafen in Drewitz (Spree-Neiße) ergibt, steht in den Sternen (die RUNDSCHAU berichtete).
Wahrscheinlich dagegen ist, dass wesentliche Teile der Schönefelder Frachtflüge vom Flughafen Leipzig/Halle aufgefangen werden könnten, weil dort auf zwei Startbahnen Tag und Nacht abgehoben werden kann. Allerdings gibt es Querelen um Nachtflüge von der Leipziger Südbahn. Luftfahrtexperten rechnen damit, dass es im Zuge dieses Streits auch hier zu Einschränkungen der Flugzeiten kommt.
Fluggesellschaften wie Air Berlin oder Condor befürchten vor allem Nachteile im Bereich der Ferienflieger. Bisher sei ein Ausweichen von Tegel nach Schönefeld möglich, wenn späte Landungen oder Starts angesagt sind, sagt Air-Berlin-Sprecher Peter Hauptvogel. „Wenn es dann nur noch den BBI mit den Beschränkungen gibt, geht das alles nicht mehr.“
Genau aus diesem Grund will Flughafen-Geschäftsführer Johannsen-Roth gemeinsam mit den Airlines „Starts und Landungen von fünf bis 24 Uhr durchsetzen“.
Lausitzer Rundschau