Air-Berlin-Chef stellt BBI in Frage
Joachim Hunold erwägt, wegen des verschärften Nachtflugverbots seine Flotte nicht mehr in Berlin zu stationieren
Von Gilbert Schomaker
ruck gegen den Großflughafen Berlin-Schönefeld: Air-Berlin-Chef Joachim Hunold droht im Fall des geplanten Baus vom BBI mit einem Jobabbau in Berlin
Berlin - Joachim Hunold, Chef der Fluggesellschaft Air Berlin, überlegt, seine Flugzeugflotte wegen des Nachtflugverbots für den Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) nicht mehr in der Hauptstadt zu stationieren. Er geht zudem davon aus, daß die Wirtschaftlichkeit des Flughafens und der Airlines unter den Gerichtsauflagen leiden werden. Hunold spricht von einer Verschlechterung der Bedingungen durch die Nachtflugbeschränkungen. Die Alternative wäre für ihn gewesen: Verzicht auf BBI und modularer Ausbau von Tegel und Schönefeld.
Berliner Morgenpost: Wie wirkt sich das Nachtflugverbot für Air Berlin konkret aus?
Joachim Hunold: Derzeit landen durchschnittlich zehn Air-Berlin-Maschinen zwischen 22 und 23 Uhr in Tegel und eine in Schönefeld. Die müßten wir - inklusive der davor stattfindenden Abflüge - aus dem Flugplan streichen, wenn ein planmäßiger Verkehr nach 22 Uhr auf BBI nicht erlaubt wäre. Da wir für das Jahr 2011 die Stationierung von mindestens 22 Flugzeugen in Schönefeld geplant haben, würde sich die Zahl also noch verdoppeln. Es würde sich dann die Frage stellen, ob die Stationierung von Flugzeugen in Berlin überhaupt noch Sinn macht und man die Hauptstadt nur noch im Rahmen von Umläufen mit Jets anfliegen soll, die anderswo stationiert sind. Das hätte eine Einschränkung der Frequenzen für Berlin zur Folge.
Ist Leipzig für die späten Maschinen eine Alternative?
Wenn ein zu spät in Berlin ankommendes Flugzeug hier nicht mehr landen darf, sind Leipzig oder Hannover zwangsläufig die Alternative. Maschinen, die dann dort nachts landen, müßten am nächsten Tag leer nach Berlin geflogen und positioniert werden. In jedem Fall wird es so sein, daß der Flughafen Leipzig von den Berliner Beschränkungen profitiert. Vor allem dann, wenn es eine schnelle Zugverbindung zwischen dem Flughafen Leipzig/Halle und der Hauptstadt gibt.
Wie wirkt sich das Nachtflugverbot auf die Wirtschaftlichkeit und die Passagierzahlen des BBI aus?
Sowohl für den Flughafen als auch für Airlines leidet die Wirtschaftlichkeit. Und bei eingeschränktem Flugbetrieb kann man wohl eher mit einer Abnahme als mit einer Steigerung der Passagierzahlen rechnen.
Wie viele neue Arbeitsplätze wird der BBI bringen?
Das ist schwer zu sagen. Zunächst einmal werden nach der Fertigstellung von BBI die bereits bestehenden Arbeitsplätze dorthin verlegt. Einen Zuwachs kann es nur durch ein höheres Passagieraufkommen geben. Dann gilt die Regel, daß eine Million Fluggäste 1000 direkte und rund 2000 indirekte Arbeitsplätze generieren. Die genannten 40 000 neuen Arbeitsplätze halte ich für eine ferne Utopie.
Entstehen denn bei Air Berlin neue Jobs?
Was für den Flughafen gilt, gilt auch für Air Berlin. Wenn allerdings Fluggesellschaften ihre Maschinen anderswo positionieren müssen, bedeutet das eine Abnahme von Arbeitsplätzen in Berlin.
Welche Forderungen stellen Sie nun?
Zunächst einmal ist das Land Brandenburg gefordert, denn dessen Genehmigungsbehörde ist für die Interpretierung des Leipziger Urteils hinsichtlich des Nachtflugverbotes zuständig. Da ist jetzt von den verantwortlichen Politikern und Beamten Kreativität gefordert.
Und was muß in Berlin geschehen?
Berlin muß alles daransetzen, die erforderlichen Verkehrsanbindungen so schnell als möglich zu realisieren. Wenn man das schon vor mehr als zehn Jahren getan und Schönefeld modular ausgebaut hätte, wäre das längst ein florierender Airport. Da hätte man das Planfeststellungsverfahren für BBI gar nicht gebraucht. Wenn es bei den Nachtflugbeschränkungen für BBI bleibt, sollte man ernsthaft überlegen, ob die Beibehaltung des Status quo nicht besser für Berlin wäre. Das heißt: Verzicht auf BBI und modularer Ausbau von Tegel und Schönefeld.
Was soll aus Tempelhof werden?
Da Air Berlin nicht ab Tempelhof fliegt, sind wir von einer vorzeitigen Schließung nur indirekt betroffen. Nämlich dann, wenn es durch die Verlegung des Tempelhofer Verkehrs zu Engpässen in Tegel kommt. Wenn jedoch Tegel diesen Verkehr vor der Eröffnung von BBI nicht aufnehmen kann, werden die Passagierzahlen zurückgehen. Schönefeld ist wegen der mangelhaften Verkehrsanbindung ja noch keine Alternative für die Geschäftsleute, die jetzt ab Tempelhof fliegen. Meiner Meinung nach sollte Tempelhof bis zur Fertigstellung von BBI offenbleiben.
Was soll aus Tegel werden?
Wir halten es grundsätzlich für richtig, Tegel zu schließen, sobald BBI fertiggestellt und wirtschaftlich betreibbar ist. Sollte letzteres nicht der Fall sein, müßte man die gesamte Planung noch einmal überdenken.
http://morgenpost.berlin1.de/content/20 ... 17723.html