Konzept für weitere Nutzung des Flughafens Tempelhof
Verfechter des bedrohten Standortes legen umfassendes Nutzungskonzept vor
von Katrin Schoelkopf
Berlin - Der Tempelhof-Verfechter, Sprecher der Tempelhofer Airlines und ehemalige Direktor der Fluggesellschaft Sabena, Bernhard Liscutin, wagt einen erneuten Vorstoß, um die Debatte um die Zukunft des Flughafens Tempelhof anzustoßen und mögliche Investoren für den City-Airport zu interessieren. Als Privatmann und mit einem Autorenteam, zu dem auch die Berliner Architektin Andrea Ruiken gehört, legte er jetzt unter der Überschrift "Tempelhof - City of Aviation, ein Luftfahrt-, Technologie- und Kommunikationszentrum" ein 120 Seiten starkes Konzept für die wirtschaftliche Nutzung der gesamten Anlage vor.
Die Autoren sprechen von einer Vision, die sich an den ursprünglichen Planungen des Flughafenarchitekten Ernst Sagebiel für ein Kompetenzzentrum der zivilen Luftfahrt orientieren. So könnten in Tempelhof alle Bereiche der Luftfahrt wie Verkehr, Produktion, Wartung, Handel, Forschung, Entwicklung, Schulung und Verwaltung gebündelt werden. "Konferenzräume und Dienstleistungen wie Kantine, Kindergarten und Bibliothek würden allen Nutzern angeboten", so Liscutin." Entstehen würde ein nachhaltig funktionierendes Netzwerk interdisziplinärer Kommunikation und damit ein erfolgreiches Gemeinschaftsunternehmen unter völliger Beibehaltung unternehmerischer Unabhängigkeit." Gedacht wird außer an den Erhalt des Flughafens für Linienverkehr und allgemeine Luftfahrt auch an die Ansiedlung von Institutionen wie zum Beispiel den Bundesverband der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie, das Institut für Luft- und Raumfahrt der TU, die Luftfahrtabteilung des Bundesverkehrsministeriums, an Wartungsbetriebe, Softwareentwickler, Geschäfte, Hotels und an Boardinghouses. Die Autoren haben detailliert für jeden Gebäudeteil des Airports Vorschläge erarbeitet. Als Betreiber schlagen sie alternativ die Berliner Flughafengesellschaft, einen privaten Investor oder eine Stiftung von öffentlicher Hand und Luftfahrtindustrie vor.
Mit Beginn des Sommerflugplans 2007 soll Tempelhof eigentlich geschlossen werden. Das ist der politische Wille des Senats und wirtschaftliches Kalkül der staatlichen Flughafengesellschaft. Doch in Sack und Tüten ist das Aus noch nicht. Das letzte Wort hat die Justiz. Denn sie muß noch über die Klagen der Tempelhofer Fluggesellschaften gegen die Schließung entscheiden. Für diese Legislaturperiode wird dies nicht mehr erwartet. Auf der Grundlage der Zahlen der Flughafengesellschaft von 2003 für Betrieb, Personal und Material kommen die Autoren des Nutzungskonzepts bei einem Passagieraufkommen von 1,5 Millionen und einer 80prozentigen Vermietung der 248 132 Quadratmeter großen Gebäudefläche zu einem jährlichen Betriebsergebnis von 12,6 Millionen Euro.
http://www.welt.de/data/2006/04/18/875357.html