Nachtflug-Gegner beenden unter Protest Diskussionsrunde
Schönefeld - Mit heftigen Turbulenzen begann gestern die erste Erörterungsrunde für Anwohner im sogenannten Planergänzungsverfahren zum Bau des Hauptstadtflughafens BBI in Schönefeld. Rund 100 Anrainer des künftigen BBI waren in den Saal in der Airportworld an der B 96a gekommen, um ihre Argumente gegen Nachtflüge mit der Flughafengesellschaft zu erörtern. Doch kaum eine Viertelstunde war vergangen, als es zum Eklat kam: Unter massivem Protest verließ ein Großteil der Anwesenden den Saal.
Was war passiert? Der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Umlandgemeinden und Bürgermeister von Schulzendorf, Herbert Burmeister (Linke), hatte bereits am Freitag während der Erörterung für die Gemeinden beantragt, die Erörterungstermine auszusetzen. Der Grund: Das von der Flughafengesellschaft vorgelegte Gutachten zu nächtlichen Starts und Landungen sowie zur Grenzziehung des Nachtschutzgebietes sei "manipuliert und methodisch unzureichend". Eine Bewertung, die der Lärmgutachter der Schutzgemeinschaft, Christian Maschke, vorgetragen und untermauert hatte. So habe die Flughafengesellschaft im BBI-Planfeststellungsbeschluss von 2004 für das Jahr 2032 noch 93 nächtliche Flugbewegungen als Bedarf ermittelt. Jetzt aber sei von 113 Starts und Landungen in der Nachtzeit von 22 bis 6 Uhr die Rede, sagte Maschke gestern. "Das sind 20 Prozent mehr. Gleichzeitig ist das Nachtschutzgebiet um 20 Prozent verkleinert worden", so der Lärmgutachter. Diese Berechnung sei methodisch fehlerhaft.
Als die Anhörungsbehörde, die Obere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg, Montagmorgen nicht sofort über den Antrag des Schulzendorfer Bürgermeisters entschied, der fordert, ein neues Gutachten von der Flughafengesellschaft anfertigen zu lassen, kam es zu den Tumulten. Burmeister: "Wie kann man etwas erörtern, das falsch ist?"
Wie letztlich nun verfahren wird, ist noch ungeklärt. Erst heute will die Anhörungsbehörde über weitere Anträge zum Aussetzen des Verfahrens entscheiden. Klar ist bislang nur, dass die Flughafengesellschaft neue Daten zu ihren Gutachten erst am 24. April, einen Tag vor Ende der Erörterungstermine, vorlegen kann.
Abgelehnt wurde dagegen gestern vom Ministerium für Infrastruktur ein Befangenheitsantrag gegen den Leiter der Anhörungsbehörde, Wolfgang Fried, zugleich Leiter der Oberen Luftfahrtbehörde. Der Ehrenvorsitzende des Verbandes Brandenburg Berlin (VBB), Ferdi Breidbach, hatte Fried vorgeworfen, als Mitarbeiter des Infrastrukturministeriums im Interesse des Landes Brandenburg als Flughafenanteilseigner zu agieren. Überdies, so Breidbach, habe Fried selbst am Planfeststellungsbeschluss mitgearbeitet. Die sachliche Beratung von Anliegern mit Einwänden, die Fried als Anhörungsleiter obliege, sei damit nicht gegeben.
Von heute bis zum 23. April sollen die Einschränkung des nächtlichen Flugverkehrs und deren regionalwirtschaftliche Auswirkungen erörtert werden. Am 24. und 25. April steht die Neuregelung des passiven Schallschutzes zur Nachtzeit auf der Tagesordnung.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte 2006 ein Flugverbot von 0 bis 5 Uhr festgelegt und in der Zeit von 22 bis 24 und 5 bis 6 Uhr Flugbetrieb nur im Ausnahmefall als unbedenklich erklärt. Auferlegt wurde eine Nachbesserung des Planfeststellungsbeschlusses.
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