Aus für Tegel – bessere Chancen für Schönefeld
Gericht bestätigt für 2011 geplante Schließung: Fluggesellschaften haben keinen Anspruch auf einen Airport ihrer Wahl
Auf dem Weg zum Ausbau Schönefelds als Flughafen Berlin–Brandenburg International (BBI) hat die Flughafengesellschaft gestern eine weitere Hürde übersprungen: Zum ersten Mal in Deutschland hat ein Gericht entschieden, dass ein internationaler Flughafen gegen den Willen der Fluggesellschaften durch ein Verwaltungsverfahren aufgegeben werden darf. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) wies die Klagen von fünf Gesellschaften gegen den Schließungsbescheid der Luftfahrtbehörde ab. Eine Revision ließ das OVG nicht zu. Auch die Schließung von Tempelhof rückt somit näher. Parallel dazu laufen bereits die Verfahren, um die Planfeststellung aufzuheben, die beide Standorte noch als Flughafen ausweisen. Die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) freute sich, dass durch die Schließung Tegels auch mehrere zehntausend Anwohner von der Belastung durch Fluglärm vollständig befreit würden.
Die Schließung von Tegel sei grundsätzlich zulässig und setze nicht voraus, dass vorher die Planfeststellung als Flughafen aufgehoben werden müsse, entschied gestern der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts unter dem Vorsitz des OVG-Präsidenten Jürgen Kipp. Die Klägerinnen seien durch den Widerruf der Betriebsgenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt. Ein Luftfahrtunternehmen habe keinen Anspruch darauf, dass ein von ihm genutzter Flughafen auf Dauer erhalten bleibe.
Geklagt hatten Air Berlin und Germania, die ihren Sitz in Tegel haben, sowie die dba, Hapag Lloyd und Hapag Lloyd Express, die von Tegel aus fliegen. Während Germania sich in der Klagebegründung grundsätzlich dafür aussprach, einen Cityflughafen in Berlin behalten zu wollen, war Air Berlin bereit, nach einem Ausbau in Schönefeld zum Flughafen Berlin-Brandenburg International (BB)I) von dort zu fliegen, wenn es einen funktionsfähigen Flughafen BBI gebe.
Im 2004 erlassenen Schließungsbescheid für Tegel heißt es nämlich nur, der Flughafen werde sechs Monate nach der für 2011 vorgesehenen Inbetriebnahme der verlängerten und der neuen Start- und Landebahn in Schönefeld geschlossen. Dies war Air Berlin zu vage. Die Gesellschaft befürchtete, in Schönefeld möglicherweise auf einer „Baustelle“ starten und landen zu müssen. Diese Sorge sei unbegründet, stellte das Gericht fest. Der neue BBI-Flughafen werde erst in Betrieb genommen, wenn er voll funktionstüchtig sei. Damit folgte das Gericht der Argumentation der Luftfahrtbehörde und der Flughafengesellschaft.
„Voller Staunen“ habe das Gericht festgestellt, dass alle vorstellbaren Verfahrenswege zum selben Ergebnis geführt hätten, dass der Flughafen geschlossen werden darf, sagte der Vorsitzende Richter. Damit ist nach Ansicht von Flughafenchef Dieter Johannsen-Roth auch der Weg für die Schließung Tempelhofs vorgegeben. Im ersten Anlauf hatte die Luftfahrtbehörde nur beantragt, der Flughafengesellschaft die Betriebserlaubnis zu entziehen. Diesen Weg machte das OVG 2004 nicht mit. Für die fünf klagenden Gesellschaften aus Tegel wird der Gang vor die Richter teuer: Das Gericht erhöhte den Streitwert von 75 000 Euro auf 250 000 Euro.
http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/25 ... 198768.pnn