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 Betreff des Beitrags: Mitteldeutsche Luftnummern
BeitragVerfasst: Dienstag 14. März 2006, 08:53 
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Registriert: Freitag 29. April 2005, 19:14
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Sachsen-Anhalt leistet sich trotz Überkapazitäten im Osten einen eigenen großen Flughafen - Experten fürchten ein "Millionengrab im Niemandsland"



Magdeburg - In Sachsen-Anhalt will heute das Kabinett den Weg für einen weiteren Großflughafen in Mitteldeutschland freimachen. Spätestens ab 2007 soll in Cochstedt, einer Kommune im Ostharz, der Flugbetrieb aufgenommen werden. Das Projekt ist umstritten, Experten rechnen mit dauerhaften Verlusten. "Eine mittelfristige Ertragsprognose gibt es nicht", kritisiert der Präsident des Landesrechnungshofes, Ralf Seibicke.





Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt mit ihren gut neun Millionen Menschen verfügen bereits über eine ausgezeichnete Luftverkehrsinfrastruktur. Nahezu jeder Bewohner kann in spätestens 90 Minuten per Auto oder Bahn einen internationalen Flughafen erreichen. Und davon gibt es in Mitteldeutschland gleich drei. Allerdings sind die Airports Leipzig/Halle, Dresden und Erfurt, in die fast zwei Milliarden Euro Steuermittel investiert wurden, allesamt stark unterausgelastet. Denn anders als zu Beginn der neunziger Jahre erwartet, blieb der Himmel über Deutsch-Südost vergleichsweise leer. Die Verkehre sind sogar rückläufig: Wurden 1995 noch 92 716 Flugbewegungen registriert, waren es 2004 soeben 70 295. Statt den möglichen zehn Millionen Passagiere fertigten die drei Flughäfen zuletzt jährlich lediglich 4,2 Millionen Fluggäste ab. Trotzdem wird in Thüringen außerdem in Altenburg ein alter sowjetischen Militärflughafens mit 13 Millionen Euro gefördert. Er liegt nur 50 Kilometer vom Airport Leipzig/Halle entfernt und wird vom Landkreis und Stadt betrieben. Pro Tag hebt eine Maschine ab. Ein Euro Umsatz muß mit über vier Euro Verlust erkauft werden.





Die mit Steuermitteln entstandene Überkapazität hat längst zu einem ruinösen Wettbewerb geführt. Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, verständigten sich die Verkehrsminister der entsprechenden Länder im Januar auf ein Luftverkehrskonzept. Das 20-Seiten-Papier enthält nur unverbindliche Absichtserklärungen und eine verblüffende Festlegung - bald wird ein weiterer großer Flughafen in Betrieb genommen. Durchgesetzt hat das Sachsen-Anhalt. Dort plagt sich die CDU/FDP-Regierung von Wolfgang Böhmer mit einer Investitionsruine. Rechtzeitig vor der Landestagswahl am 26. März will sie eine Lösung präsentieren.





Die Misere begann 1997, als man in Cochstedt, einer 8000-Seelen-Gemeinde im Harz, mit dem Spatenstich für ein "Gewerbegebiet mit Landebahn" begann. Für 45 Millionen Euro entstand eine imposante Anlage mit Tower, Terminal sowie extra langer Start- und Landebahn. Eine Erlaubnis für den 24-Stunden-Betrieb wurde eingeholt und die Flughafenfeuerwehr in den USA geschult. Doch bevor der reguläre Flugverkehr begann, mußte die vom Landkreis getragene Betreiberfirma Insolvenz anmelden. Trotzdem wurde dem schlechten Geld gutes hinterhergeworfen. Nach der Pleite übernahm eine landeseigene Gesellschaft den Komplex für fünf Millionen Euro, in den sie bis Jahresende nochmals drei Millionen Euro gesteckt haben wird. Ursprünglich sollte damit die Braut hübsch gemacht werden: Doch auf die weltweite Ausschreibung von Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) fand sich kein geeigneter Investor.





Deshalb will das Land jetzt die Regie selbst übernehmen und spätestens 2007 den Flugbetrieb aufnehmen. Experten zufolge muß dazu nochmals ein Millionenbetrag in bis zu zweistelliger Höhe mobilisiert werden. Anschließend sind Jahr für Jahr horrende Betriebsverluste programmiert. "Mitten im Niemandsland wird ein Millionengrab aufgestellt, das keine wirtschaftliche Existenzberechtigung hat", meint ein Verkehrsexperte.





Kurios: Magdeburg hat bereits seit 70 Jahren einen kleinen Flughafen, der für den vorhandenen Bedarf völlig ausreicht. Er soll nun nach dem Willen von Rehberger geschlossen werden. Die bereits getätigten öffentlichen Investitionen von 14 Millionen Euro wären damit futsch. Um der Landeshauptstadt die Stillegung schmackhaft zu machen, hat Rehberger dem Magdeburg eine Beteiligung an der Cochstedter Gesellschaft angeboten.



http://www.welt.de/data/2006/03/14/859588.html?s=1


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