Stadt und Flughafen verhandeln mit vier Interessenten für den Airport. Die Bürgerschaft gab gestern grünes Licht und eine Menge Geld für Berater.
Es geht weiter: Die Bürgerschaft hat gestern Nachmittag in nicht-öffentlicher Sondersitzung 545 000 Euro locker gemacht – für weitere Verhandlungen mit potenziellen Käufern des Lübecker Flughafens. SPD, CDU, Bürger für Lübeck (BfL) und FDP stimmten dafür, Grüne und Linke dagegen. Damit können der Flughafen und die Stadt jetzt mit den vier Interessenten Verhandlungen aufnehmen. Das Geld wird für Berater ausgegeben: 290 000 für die der Stadt, 255 000 für die des Flughafens.
Balfour Beatty Capital und EQT Infrastructure, beide aus Großbritannien, Egis Projects aus Frankreich und Corovest Airports aus Südafrika wollen die 90 Prozent der Anteile des Mehrheitseigners Infratil kaufen, der zum 23. Oktober aussteigen will. Bis Ende August müssen sie ein konkretes Angebot abgegeben haben, dann wird weiter verhandelt. „Das sind außerordentlich interessante Bewerber, die alle das Zeug dazu haben, einen Flughafen zu betreiben“, sagt Bürgermeister Bernd Saxe (SPD). Die Auswahl an Bewerbern sei besser als bei der letzten Investorensuche, da es jetzt eine Ausbaugenehmigung für den Airport in Blankensee gebe. Saxe: „Das ist ein Einstieg in eine neue Zukunft des Flughafens.“
FDP-Vormann Thomas Schalies: „Ich hoffe, dass dem so ist.“ Man werde aber erst im Herbst sehen, ob ein Partner gefunden werde, „der dem Flughafen eine wirtschaftliche Zukunft“ ermögliche. CDU-Wirtschaftsexperte Klaus Puschaddel freut sich vor allem über „die breite Mehrheit, die jetzt hinter dem Flughafen steht“. Auch die SPD hat zugestimmt, „damit wir als Stadt günstiger davon kommen“, begründet Fraktionschef Peter Reinhardt das Ja seiner Genossen. Denn sollte es keinen neuen Investor geben, muss die Stadt 23 bis 26 Millionen Euro an Infratil zahlen. So steht es in den Verträgen mit den Neuseeländern.
Ablehnung zu der satten Zahlung für Berater kommt vom Grünen-Fraktionschef Bernd Möller: „Wir haben keine Informationen über die Investoren.“ Seiner Ansicht nach ist nur ein ernstzunehmender Bewerber unter den vier Interessenten. Außerdem hätten die Grünen das Geld lieber in Jugend und Bildung investiert – und generell halten sie nichts von Billigfliegern.
Im Vorfeld der Bürgerschaftssitzung gingen die Flughafen-Gegner wieder in die Offensive. Die „Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm“ (SGF) wies darauf hin, dass in Groß Grönau 27 Immobilien durch den Ausbau des Airports unmittelbar betroffen sind. Viele Anwohner würden in den Einflugschneisen wohnen und seien einem krank machenden Lärm ausgesetzt, sagt SGF-Vorsitzender Gerhard Haase. Der frühere SGF-Vorsitzende Klaus-Dieter Sehlcke berichtete, dass die Schutzgemeinschaft seit Januar 2008 als Naturschutzverband anerkannt sei und als solcher Klage führen könne. Die SGF habe „alle nach ihrem Wissen wesentlichen Verstöße gegen EU-Richtlinien in der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss geltend gemacht“. Sie fühle sich nicht an die Vereinbarungen anderer Naturschutzverbände mit dem Flughafen gebunden. Die großen Umweltverbände hatten 2008 einen Friedenspakt mit dem Flughafen geschlossen und auf Klagen gegen den Ausbau verzichtet.
Unterdessen hat der Verein „Pro Airport Lübeck“ das von Groß Grönau bestellte Gutachten des Wirtschaftsprüfers Hans-Jürgen Drebber unter die Lupe genommen. Drebber hatte festgestellt, dass der Flughafen Blankensee selbst mit 3,25 Millionen Passagieren kein Geld verdienen könne. Laut „Pro Airport“ hat der Wirtschaftsprüfer die Ertragsaussichten falsch eingeschätzt, weil er Mecklenburg-Vorpommern als Einzugsgebiet missachtet und falsche Zahlen zu Grunde gelegt habe.
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