Berlin (dpa) - Wenige Tage vor Baubeginn haben die Billig-Airlines Easyjet und Ryanair die Planungen zum neuen Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) heftig kritisiert.
«Hier wird ein Milliardengrab geplant, das uns und auch den übrigen Low-Cost-Carriern nicht gerecht wird», sagte der Deutschland-Chef der britischen Easyjet, John Kohlsaat, dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel». Der BBI sei viel zu groß dimensioniert, was zwangsläufig zu einer Kostenexplosion, auch bei den Landegebühren, führe. Die jetzige Planung würde daher zu einem Einbruch der Passagierzahlen führen.
Auch bei der irischen Ryanair hieß es: «Wir brauchen den riesigen Marmorpalast nicht.» Eine Sprecherin sagte der «B.Z. am Sonntag», Berlin habe «doch drei schöne Flughäfen». Der verkehrspolitische Sprecher der Berliner FDP-Fraktion, Klaus-Peter von Lüdeke, kritisierte ebenfalls die «viel zu aufwendige und teure BBI-Planung». Dadurch drohten dem BBI zu hohe Flughafengebühren.
Diese Kritik wies der Marketing-Chef der Berliner Flughäfen, Burkhard Kieker, jedoch zurück. «BBI ist genau richtig dimensioniert», erklärte er. «BBI ist schon jetzt optimal sowohl auf die Belange der traditionellen Airlines als auch der Billigflieger eingestellt.» So sei gerade in den vergangenen Monaten im Zuge der Gespräche mit den Airlines ein eigenes Low-Cost-Pier in die Planungen aufgenommen worden, das die Erfordernisse dieses Marktsegmentes abdecke.
Die Berliner FDP-Fraktion erhob den Vorwurf, die Berliner Flughäfen hätten in den vergangenen Jahren Rückstellungen in zweistelliger Millionenhöhe zum Aufpolieren ihrer Geschäftsbilanz zweckentfremdet. Dadurch sei das Projekt BBI gefährdet, erklärte von Lüdeke. Der Fraktion lägen Informationen vor, wonach auf Veranlassung des damaligen Flughafenchefs, Dieter Johannsen-Roth, mindestens zwölf Millionen Euro der Rücklagen für das operative Geschäft der Berliner Flughäfen zweckentfremdet worden.
Im Rahmen der Flughafenerweiterungen sind für Personal- und Sachkosten umfangreiche Rückstellungen erforderlich. Gemäß den bisherigen Angaben der Berliner Flughäfen seien allein für die geplante Schließung von Tempelhof 25 Millionen Euro erforderlich, hieß es. Der Geschäftsbericht der Berliner Flughäfen für 2005 weise aber nur noch Rückstellungen in Höhe von 18 Millionen Euro aus.
Dem «Spiegel» zufolge erwägt Easyjet nun sogar, den Flugverkehr von und nach Berlin einzuschränken oder ganz einzustellen, wenn der Flughafen nach der jetzigen Planung gebaut wird. Dies dementierte jedoch ein Sprecher der Fluggesellschaft. «Es ist richtig, dass wir den Ausbau kritisch sehen», sagte Oliver Aust der dpa. «Aber wir planen keine Einschränkung des Flugverkehrs. Im Gegenteil: Wir wollen an dem Standort weiter wachsen.» Am Montag will sich Easyjet auf einer Pressekonferenz ausführlicher zu dem Thema äußern.
Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin erwartet hingegen keine drastisch steigenden Gebühren. Wie Airline-Sprecher Peter Hauptvogel dem «Tagesspiegel am Sonntag» sagte, versuche Easyjet seine derzeitigen Subventionen zu verteidigen. In Zukunft müssten alle Fluggesellschaften wohl gleich hohe Landegebühren zahlen. «Dann muss auch Easyjet neu kalkulieren», sagte Hauptvogel.
Die Bauarbeiten für den BBI sollen am 5. September beginnen. 2011 soll der Airport eröffnet werden. Die reinen Investitionskosten werden mit rund zwei Milliarden Euro veranschlagt.
letzte Aktualisierung von 27.08.2006, 16:17
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