Nach technischen Problemen zieht Siemens bei der Hängebahn Skytrain am Düsseldorfer Flughafen die Notbremse. Der Hightech-Zug macht eine Sanierungspause. Die Panne ist exemplarisch für die Schwierigkeiten, die die Münchner mit ihrer Verkehrstechniksparte haben.
Düsseldorf/Hamburg - Man wolle den Skytrain bis Ende 2006 in einen "vertragsgerechten Zustand" bringen, sagte ein Sprecher der Siemens Transportation Systems (TS). Die Arbeiten hätten bereits begonnen. Von März bis September des kommenden Jahres wird die Bahn komplett stillgelegt. Zu den Kosten für die Nachbesserung äußerte sich der Sprecher nicht.
Beobachter zeigten sich angesichts der Panne enttäuscht. "Das sind keine guten Nachrichten, vor allem, weil der Skytrain noch nicht lange im Einsatz ist", sagte Theo Kitz, Technologieanalyst beim Münchener Bankhaus Merck Finck, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Tatsächlich hatte die Flughafen Düsseldorf GmbH Siemens erst Ende der Neunziger den Auftrag zum Bau der vollautomatischen Hängebahn erteilt. Die Anlage kostete 160 Millionen Mark. Seit Sommer 2002 verbindet der Skytrain den ICE-Bahnhof des Airports und ein Parkhaus mit dem zweieinhalb Kilometer entfernten Terminalgebäude.
Schon kurz nach der Premiere fiel das System erstmals aus. Der Betreiber hatte die Züge in der Folgezeit wegen zahlreicher weiterer Pannen mehrfach stillgelegt, was der Bahn den Spottnamen "Steh-Train" einbrachte. Die Geschwindigkeit von ursprünglich 50 Kilometern pro Stunde musste auf 40 km/h reduziert werden. Die geplante Kapazität von 2000 Passagieren pro Stunde konnte der Skytrain nicht erreichen. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin hatte kürzlich sogar über eine Rückabwicklung des Vertrages und den Abbau des Systems nachgedacht. Die Stadt Düsseldorf ist zu 50 Prozent Anteilseigner des Airports.
Gnadenfrist bis 2007
Nun hat der Flughafen Siemens Chart zeigen eine Gnadenfrist bis Ende kommenden Jahres eingeräumt. Der Vorsitzende der Geschäftsführung des Flughafens, Rainer Schwarz, erklärte, mit dem Sanierungskonzept werde die Grundlage für einen Abschluss des Projektes fixiert. "Wir gehen davon aus, dass Siemens in der gesetzten Frist eine vertragsgemäße Leistung erbringen wird."
Unter anderem sollen den Angaben zufolge einige Träger und Trägerübergänge des Fahrweges ausgetauscht oder überarbeitet werden. Auch die insgesamt sechs Fahrzeuge würden komplett überholt. "Wir werden alles daran setzen, dieses Projekt zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen", sagte der Vorsitzende des Bereichsvorstandes bei Siemens TS, Hans Schabert. Verzögerungen und Ausfälle sollten dann der Vergangenheit angehören.
Krisenfall Combino
Sollte Siemens das Problem nicht in den Griff bekommen, wäre der Imageschaden enorm. Einmal mehr würde sich zeigen, dass die Verkehrstechniksparte für Konzernchef Klaus Kleinfeld zur Dauerbaustelle avanciert. Allein 2004 hatte der Bereich ein Minus von 434 Millionen Euro verbucht.
Zum Krisenfall geriet besonders die Straßenbahn Combino. Wegen Qualitätsprobleme bei der Tram musste Siemens Rückstellungen von rund 400 Millionen Euro bilden. Bei Untersuchungen wurden in der Außenhülle der Waggons Haarrisse entdeckt. Im Falle einer Kollision wäre der Widerstand der Karosse daher schwächer als ursprünglich geplant.
Zum Dauerärgernis gerät auch der ICE. Die Bahn wolle eine nachträglich bestellte zweite Zugserie von 13 ICE-3-Exemplaren wegen Mängeln nicht abnehmen und auch nicht vollständig bezahlen, hieß es Ende September. Bereits Anfang des Jahres waren der Schienenkonzern und Siemens wegen des Schnellzuges aneinander geraten. Damals hieß es, der Hersteller habe Mängel bei den Zügen für die Prestigestrecke Hamburg-Berlin nicht rechtzeitig beseitigt.
Unbefriedigende Margen
Letztendlich hinkt die Verkehrstechnik auch bei den Geschäftszahlen hinterher. "Die Margen in dem Bereich sind weiterhin unbefriedigend", sagt Merck-Finck-Analyst Kitz. Für 2005 erwartet er einen Wert von 1,1 Prozent, 2006 soll die Marge auf 1,6 Prozent steigen. Damit läge die Sparte weiterhin hinter den ehrgeizigen Vorgaben von Konzernchef Kleinfeld zurück. Der hatte für die Verkehrstechnik eine Marge von sechs Prozent angemahnt.
Möglicherweise drohen dem Bereich nun Einschnitte. Zuletzt hatte Kleinfeld bereits die schwächelnde Kommunikationssparte in großem Stil umgebaut. Unter anderem trennte er sich vom Handygeschäft, das er an den taiwanesischen BenQ-Konzern übergab.
Nun erwarten Beobachter ähnliche Einschnitte bei der Verkehrssparte. "Wenn sich Siemens mit seinen Geschäftsfeldern in einer Spitzenposition behaupten will, ist es natürlich zunächst wichtig, die Kosten in den Griff zu bekommen", sagte Kleinfeld. Eine Sanierungspause droht demnach nicht nur dem Skytrain, sondern dem Bahnbereich insgesamt.
Jörn Sucher
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,380176,00.html