Europas größte Billigfluggesellschaft verdreifacht die Zahl ihrer in Hahn stationierten Maschinen. Der rheinland-pfälzische Provinzflughafen steigt damit zum Europa-Drehkreuz der Iren auf. Während Hahn boomt, schwächelt der nahe Frankfurter Flughafen.
HB LAUTZENHAUSEN/FRANKFURT. Für eine Milliarde Dollar würden dort 12 weitere Maschinen stationiert, teilte Ryanair-Chef Michael O'Leary am Freitag in Mainz mit. Derzeit hat Ryanair in Hahn 6 Flugzeuge. Die neuen Maschinen sollten vom nächsten Jahr an nach und nach bis 2012 ihren Dienst in Hahn aufnehmen. Entsprechend werde auch das Streckennetz ausgebaut. Die Flugzeuge sollen dann statt 27 mehr als 50 europäische Ziele vom Hunsrück aus anfliegen.
In die neuen Maschinen, den Bau einer eigenen Wartungshalle und anteilig die Errichtung eines neuen Terminals will Ryanair eine Milliarde US-Dollar (rund 855 Millionen Euro) investieren. Die Eigner des Flughafens wollen in den kommenden sieben Jahren 185 Millionen Euro in den Ausbau stecken. Haupteigner des ehemaligen Militärflughafens Hahn ist der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport. Daneben halten die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen Anteile.
Nach Informationen des Südwestrundfunks (SWR) will Fraport das Geld bis 2009 in neue Terminals, Parkplätze und Infrastruktur investieren. Zudem soll der Flughafen einen Bahnanschluss bekommen. Der SWR hatte auch berichtet, dass Ryanair möglicherweise auch Nachtflüge von Passagiermaschinen plane. Bislang fliegen nachts nur Frachtmaschinen.
Der gut 100 Kilometer von Frankfurt entfernte Flughafen im Hunsrück ist für Ryanair der wichtigste Flughafen auf dem europäischen Festland. In diesem Jahr soll die Passagierzahl um 1 Million auf 3,8 Millionen steigen, der Großteil davon wird von Ryanair geflogen. „Die jetzt vorgestellten Pläne werden das bisherige Wachstum noch einmal deutlich vorantreiben“, sagte O'Leary. Ziel seien bis zum Jahr 2012 rund 8 Millionen Passagiere in Hahn.
In Deutschland fliegt das Unternehmen bisher von sieben Flughäfen, darunter Baden-Baden, Lübeck, Berlin-Schönefeld und Weeze am Niederrhein. Ein Ausbau in Lübeck war vor wenigen Wochen gescheitert.
„Das ist ein Durchbruch in unserer Geschäftsbeziehung mit Ryanair“, frohlockte Flughafen-Chef Jörg Schumacher. Mit diesem Vertrag haben wir erstmals eine konkrete Planungsgrundlage für den weiteren Ausbau sowohl der Infrastruktur wie auch der Personalplanung.“ Die Investitionen von Ryanair könnten direkt und indirekt in der Region bis zu 10 000 neue Arbeitsplätze schaffen, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD).
Während Hahn merklich zulegt, hat der Frankfurter Flughafen, die Heimat von Fraport, im Oktober einen deutlich geringeren Zuwachs bei den Passagierzahlen erzielt als in den Monaten zuvor. Wie der Flughafenbetreiber Fraport am Freitag mitteilte, sind im Oktober 4,83 Millionen Fluggäste von und nach Frankfurt geflogen. Das sind lediglich 0,4 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Im September war noch ein Wachstum von 2,6 Prozent zu Buche geschlagen. Dagegen stieg das Frachtaufkommen in Frankfurt erneut zweistellig um 10,6 Prozent auf 180 857 Tonnen.
Der Passagierzuwachs in Frankfurt fiel damit noch geringer aus als nach der Bilanzpressekonferenz vor wenigen Tagen erwartet wurde. Der Vorstand hatte allerdings bereits eine schwächere Entwicklung angekündigt. Die Deutsche Lufthansa, mit 60 Prozent Marktanteil größte Fluggesellschaft in Frankfurt, hatte im Oktober rückläufige Passagierzahlen gemeldet.
Dennoch zeigte sich der Fraport-Vorstand mit den Zahlen zufrieden. Passagieraufkommen und Fracht seien Rekordwerte für den Monat Oktober.
Von Januar bis Oktober summiert sich das Passagierwachstum nun auf 2,2 Prozent. Für 2005 strebt Fraport 2 bis 2,5 Prozent Zuwachs an. Die anderen Flughäfen Fraports in Hahn, Hannover, Saarbrücken und Lima steigerten ihre Passagierzahlen deutlich stärker zwischen 7 und knapp 10 Prozent. Lediglich im türkischen Antalya ging das Aufkommen an dem von Fraport betriebenen Terminal 1 wie in den Vormonaten um knapp 70 Prozent auf 519 000 zurück, da seit April der Großteil des Verkehrs über das neue Terminal 2 abgewickelt wird. Fraport verhandelt mit den türkischen Behörden über eine gleichmäßigere Verteilung der Passagiere auf beide Terminals.
HANDELSBLATT, Freitag, 11. November 2005, 14:10 Uhr
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