Der Bau ist offenbar quer durch alle Parteien (äh die zwei die Bayern hat
) umstritten. Hier ein interessanter Kommentar aus der heutigen Süddeutschen:
München hebt ab
Wäre es wirklich so schlimm, auf Dauer eine leistungsfähige Nummer zwei in Deutschland zu bleiben, anstatt sich für ein Duell mit Frankfurt zu rüsten, das vermutlich ohnehin nicht zu gewinnen ist?
Von Peter Fahrenholz
Vielleicht hatte Edmund Stoiber in seiner Münchner Staatskanzlei ja gestern eine Vision: Wie er mit dem Transrapid zum Münchner Flughafen hinausfährt, um dort demjenigen Passagier, mit dem München endlich den Frankfurter Flughafen übertrumpft hat, einen Löwen aus Nymphenburger Porzellan in die Hand zu drücken.
Die Entscheidung, in München eine dritte Start- und Landebahn zu bauen, ist eine Entscheidung für eine Großinvestition, die weit über den Großraum München hinausreicht. Und die auch viel mit dem politischen Ehrgeiz des Ministerpräsidenten zu tun hat, möglichst überall der Erste, Beste und Größte zu sein.
Es ist eine Entscheidung, die enorme Zweifel weckt. Nur wer ein so kaltes neoliberales Herz hat wie die FDP, tut sich leicht damit, die Erweiterungspläne uneingeschränkt zu bejubeln und Kritiker als „ewiggestrige grüne Steinzeitmenschen“ zu verunglimpfen.
Doch es werden beileibe nicht nur Steinzeitmenschen die Frage stellen, ob das Projekt wirtschaftlich notwendig und sinnvoll ist, oder ob damit nicht die Belastungen für die Menschen, die in dieser Region leben, ins Unerträgliche steigen werden.
Auch kreuzbrave CSU-Wähler wollen sich den angeblichen Zwängen nicht beugen. Die Auseinandersetzungen um die dritte Startbahn in München, so viel steht jetzt schon fest, werden in einen erbitterten Glaubenskrieg münden, der sich über viele Jahre hinziehen wird.
So, wie die ganze, lange Geschichte dieses Flughafens, die bis in die sechziger Jahre zurückreicht. Um kaum ein anderes Großprojekt in Deutschland ist so lange gerungen worden.
Und die Flughafen-Gegner von einst müssen heute, wenn sie sich nicht belügen wollen, offen zugeben, dass sie mit vielen Voraussagen falsch lagen. Viele Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet: der Airport im Erdinger Moos ist nicht zu einem völlig überdimensionierten Nebelloch geworden, das niemand anfliegen möchte.
Die Entwicklung des Münchner Großflughafens ist eine Erfolgsgeschichte, eine Jobmaschine ohnegleichen, die das gesamte Einzugsgebiet zu einer der wachstumsstärksten Regionen Deutschlands gemacht hat.
Die politisch umkämpfte Entscheidung von einst, in München einen völlig neuen Großflughafen zu bauen, und nicht am viel zu kleinen und viel zu stadtnah angesiedelten alten Flughafen herumzubasteln, hat sich als richtig erwiesen. Ohne Franz Josef Strauß, den Namenspatron des Flughafens, sähen die wirtschaftlichen Kennziffern Bayerns schlechter aus.
Angesichts der Prognosen über ein weltweites Wachstum des Luftverkehrs ist es deshalb nachvollziehbar, dass München, das von der Lufthansa zum zweiten deutschen Drehkreuz nach Frankfurt erkoren wurde, seine Wachstumschancen nutzen möchte.
Ob dazu allerdings wirklich eine dritte Start- und Landebahn notwendig ist, bleibt strittig. Noch vor zwei Jahren waren namhafte CSU-Politikern gegen den Ausbau – und so gewaltig haben sich die Prognosen über künftige Passagierzahlen seither nicht verändert.
Auch der Flughafen London-Heathrow, der in viel größeren Dimensionen wirtschaftet als München, kommt schließlich mit zwei Bahnen aus. Und die heimlichen Träume der Bayern, irgendwann einmal zu Frankfurt, dem führenden deutschen Airport, aufzuschließen, halten Experten sowieso für unrealistisch.
Die Eingriffe, die für eine dritte Startbahn notwendig wären, sind gravierend. Da müssten nicht nur ein paar Bauernhöfe verschwinden, sondern vermutlich komplette Dörfer mit mehreren hundert Einwohnern umgesiedelt werden. Es sind also die Eigentumsrechte vieler Menschen betroffen.
Und es steht die Lebensqualität in einer ganzen Region auf dem Spiel, denn eine dritte Startbahn würde wesentlich stärker an dicht besiedeltes Gebiet heranrücken – vom Fluglärm wäre künftig auch eine Stadt wie Freising unmittelbar betroffen.
Hinzu kommt, dass der Münchner Flughafen schon in seiner jetzigen Größe enorme Probleme verursacht. Auch dreizehn Jahre nach seiner Eröffnung ist die Verkehrsanbindung nach wie vor jämmerlich. Eine zu Stoßzeiten stets überfüllte Autobahn und zwei popelige S-Bahn-Linien – das ist alles.
Längst versprochene Verbesserungen wie leistungsfähige Autobahnspangen, ein direkter Fernbahnanschluss oder eine schnelle Nahverkehrsanbindung an die Stadt sind nie realisiert worden. Stattdessen träumen die verantwortlichen Politiker von einem milliardenschweren Transrapid-Neubau, dessen Finanzierung in den Sternen steht.
Bevor über die Notwendigkeit einer dritten Start- und Landebahn nachgedacht wird, mit der man die vermuteten Rekord-Passagierzahlen der Zukunft bewältigen kann, müssen erst einmal die Hausaufgaben der Gegenwart gelöst werden. Und dann ist da noch, jenseits aller wirtschaftlichen Überlegungen, der politische Ehrgeiz der Beteiligten.
Wäre es wirklich so schlimm, auf Dauer eine leistungsfähige Nummer zwei in Deutschland zu bleiben, anstatt sich für ein Duell mit Frankfurt zu rüsten, das vermutlich ohnehin nicht zu gewinnen ist? Es könnte sein, dass der Preis für diesen Wettkampf zu hoch ist, und zwar nicht nur der Preis in Euro und Cent.
Wen das weitere interessiert - hier der Link zum Artikel:
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/artikel/541/57484