AIRPORTBILDER

Fuhlsbüttel lockt mit Billigflügen

Preiskampf: Lübeck unter Druck. Fast jeder fünfte Passagier in Hamburg fliegt mit einer günstigen Airline. Tendenz steigend.





Am Hamburger Flughafen checken immer mehr Passagiere bei Billigfluggesellschaften ein. Waren es bis Ende Mai noch 13 Prozent aller Fluggäste, die mit Air Berlin, Germanwings, HLX oder anderen günstigen Anbietern starteten, so lag diese Zahl Ende August bei 19 Prozent. "Bis Ende des Jahres werden es wohl 20 Prozent werden, also um die zwei Millionen von erwarteten knapp über zehn Millionen Fluggästen", sagt Flughafensprecherin Stefanie Koall dem Abendblatt. 2006 soll dann sogar die Marke von 25 Prozent erreicht werden.



Das Angebot, das im Winterflugplan 49 Ziele unter 100 Euro pro Flug umfassen wird, ist inzwischen das größte in Norddeutschland. Branchenkenner gehen davon aus, daß die neuen Strecken von Germanwings mitentscheidend für die irische Ryanair waren, ihre neue Basis nach Nottingham und nicht nach Lübeck zu verlegen. "Der Aufmarsch in Hamburg war ein zentraler Punkt", sagt Christoph Brützel, Luftfahrtexperte bei der Unternehmensberatung AT Kearney.



Die Ryanair-Verkaufsleiterin für Deutschland, Caroline Baldwin, streitet diesen Zusammenhang zwar vehement ab und verweist als Grund für den Beschluß auf das wegen Planungsfehlern an Naturschutzfragen gescheiterte Planfeststellungsverfahren und den in Folge gestoppten Ausbau des Flughafens. Doch gegen Lübeck, 50 Kilometer von Hamburg entfernt, stehen nun auch die neuen von der Lufthansa beworbenen Hin- und Rückflüge für 99 Euro ab Fuhlsbüttel, die auch zu europäischen Zielen führen.



"Zwar nehmen Fluggäste die ungünstigere Lage eines Flughafens bei billigeren Preisen in Kauf", sagt Markus Franke von der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton. "Wenn aber ein großer Flughafen wie Hamburg die Zahl der Billigverbindungen stark erhöht, stehen Airports wie Lübeck schnell auf verlorenem Posten." Den Konkurrenzdruck sieht auch Peter Steppe, Geschäftsführer des Flughafens Lübeck. "Doch der Herausforderung stellen wir uns", sagt er. Immerhin erwartet Steppe für 2005 ein Plus bei den Passagieren von 120 000 auf 720 000, überwiegend Gäste von Ryanair. Eine neue Linienfluggesellschaft als Kunde sei aber nicht in Sicht und einen Ausbau werde es wohl in den nächsten Jahren nicht geben.



Immerhin steht der neuseeländische Flughafeninvestor Infratil weiter in Verhandlungen mit der Stadt Lübeck, wie Bürgermeister Bernd Saxe bestätigte. Mit der Übernahme von 90 Prozent des Airports für 13 Millionen Euro durch Infratil sollte Ryanair vier Boeing 737-800 in Lübeck stationieren und so mit der neuen Basis für die Auslastung der Anlagen sorgen. Beide Firmen arbeiten bereits am schottischen Flughafen Prestwick zusammen. "Infratil hat weiter starkes Interesse an Lübeck", bestätigt Ryanair-Sprecherin Baldwin. Und auch Ryanair sei mit der durchschnittlichen Auslastung von 85 Prozent auf den seit Juni 2000 eingerichteten sechs Strecken ab Lübeck "sehr zufrieden".



Zudem spreche der Preisunterschied zu anderen Anbietern auch weiter für die Ryanair-Jets, so Baldwin. Denn die Differenz zu den Konkurrenten werde durch die derzeit überall eingeführten Kerosinzuschläge immer größer. "Bei uns wird es solche Zuschläge nie geben", so Baldwin. Bis Ende März hat sich die Fluggesellschaft, die bis 2012 ihre Passagierzahl auf 70 Millionen Passagiere verdoppeln will, einen festen Preis für ihr Kerosin gesichert. Er liegt bei 49 Dollar pro Barrel (159 Liter) - fast 15 Dollar günstiger als der aktuelle Marktpreis.



http://www.abendblatt.de/daten/2005/09/19/483663.html