Die Regierung zieht sich aus dem Verkaufsprozess der maroden Fluglinie zurück.
Rom. Nach nur 172 Tagen gab Alitalia-Präsident Berardino Libonati am Dienstagabend auf. Auch der vierte Manager an der Spitze der maroden Fluglinie innerhalb von dreieinhalb Jahren hat die Sanierung nicht geschafft. Die Regierung in Rom, die nach sieben Monaten und 350 Mio. Euro weiteren Verlusten für die schwer defizitäre Fluglinie das Scheitern der Privatisierung eingestehen musste, setzt nun auf Maurizio Prato.
Der 65-jährige, der seine bisherige Karriere in Staatsdiensten gemacht hat und die Schwierigkeiten der Alitalia gut kennt, soll das Steuer herumreißen und erhält dafür mehr Freiraum und mehr Entscheidungsrechte. Die wird er auch brauchen, denn Finanzminister Tommaso Padoa-Schioppa macht einen totalen Strategieschwenk im Privatisierungsverfahren: Nicht der Staat, der seine 49,9 Prozent an der Alitalia vergebens zu verkaufen versucht hat, sondern die Fluglinie selbst soll einen Retter finden. Was angesichts der Uneinigkeit in der Regierung Prodi über die weitere Vorgangsweise sinnvoll erscheint. Ob es ohne politische Zurufe geht, wird allerdings bezweifelt.
Diese Ankündigung musste der Verwaltungsrat der Alitalia offenbar erst verkraften: Das Gremium verschob die Entscheidung über die weitere Strategie, die für Mittwoch angesetzt war, auf den 30. August. Die Alitalia fliegt aber täglich 1,7 Mio. Euro Verlust ein und verliert ebenfalls täglich an Wert. Am Mittwoch sackte die Aktie um knapp vier Prozent auf nur mehr 85 Cent ab.
Mit der Kursänderung reagiert Rom auch auf die Kritik der nach und nach abgesprungenen Kaufinteressenten. Auflagen wie der Kündigungsschutz für die 20.000 Mitarbeiter oder ein dreijähriges Weiterverkaufsverbot hatten die russische Aeroflot genauso abgeschreckt wie zuletzt die italienische Air One. Von diesen „unternehmerischen Fesseln“ hat der Finanzminister die Alitalia und deren mögliche Käufer befreit.
Lufthansa gegen Air France
Ein weiteres Lockangebot stellt Padoa-Schioppa für den Herbst in Aussicht: Er will die Regeln für Firmenübernahmen dahingehend ändern, dass der mögliche Käufer den Aktionären nicht mehr den Marktpreis zahlen muss, sondern nur jene Summe, über die er sich mit dem bisherigen Haupteigentümer geeinigt hat.
Auf diese Weise würden Käufer – bei erwarteten Kursanstiegen im Vorfeld einer Alitalia-Sanierung – eine Menge Geld sparen. Es tauchen daher Interessenten auf, die sich Italien zwar lange erträumt hat, die aber bisher Abstand gehalten haben: die Lufthansa, so heißt es an der Gerüchtebörse, sondiere bereits; Auch Air France/KLM sei wieder im Gespräch. Spekuliert wird auch über ein gemeinsames Offert von Lufthansa und Air One. Die beiden Airlines kooperieren bereits in Italien.
http://www.diepresse.at/home/wirtschaft ... 0/index.do