Es soll ein gigantisches Bauwerk werden: Die Lufthansa will bei Frankfurt eine 350 Meter lange und 140 Meter breite Werfthalle bauen, um den Airbus A380 warten zu können. Durch die Klagen mehrerer Ortschaften droht der Zeitplan für die Einführung des Riesenfliegers nun durcheinander zu geraten.
Ein Lieblingsthema des Lufthansa-Chefs Wolfgang Mayrhuber ist der bürokratische Wildwuchs, der seiner Ansicht nach in Deutschland wuchert - besonders aber auf und um den Frankfurter Flughafen, das Drehkreuz der Lufthansa .
Dort habe man sechs Millionen Euro nur für behördliche Unterlagen ausgeben müssen, die den Ausbau des Airports betreffen, klagte Mayrhuber jüngst auf der Hauptversammlung seiner Fluggesellschaft. Und jetzt geißelte Mayrhuber die Einwände, die es gebe, nur um den Bau einer "schlichten Wartungshalle" zu blockieren.
Doch schlicht ist die nicht, im Gegenteil. Sie ist die architektonische Trophäe des Flughafens Frankfurt und die zukünftige Werft des Airbus-Mammuts A380, von dem die Lufthansa 15 Exemplare bestellt hat. Mit 350 Metern Länge und 140 Metern Breite ist die geplante Halle so groß, dass vier der Maschinen (Spannweite: 79,80 Meter) zugleich hinein passen - "wenn man sie etwas versetzt parkt, um Raum zu gewinnen", hat Bernd Habbel von der Lufthansa Technik bereits ausgerechnet.
Kühner Entwurf
Die titanenhafte Halle soll im Südwesten des Flughafens entstehen, wo sich das Baugelände über die Gemarkung gleich von drei Städten erstreckt: Frankfurt, Rüsselsheim und Mörfelden-Walldorf.
Den Großbau-Architekten Gerkan, Marg und Partner aus Hamburg ist mit der Halle ein kühner Entwurf gelungen. Die Tragwerke des Gebäudes überspannen das Dach, wodurch der Koloss gar nicht so kolossal, sondern luftig und aufgelockert daherkommt - anders als die große Montagehalle des Airbus A380 am Elbufer von Hamburg-Finkenwerder, die mit ihren Gebäudeblöcken einer Burg des mesopotamischen Herrschers Hammurabi ähnelt.
In Frankfurt dagegen soll das Design der größten Werfthalle Europas überall an die Bauherrin, die Lufthansa, erinnern. Die Wände und Decken sind silbrig hell verkleidet, und die Schiebetore des Hangars sind durchscheinend. Das sorgt für mehr Tageslichtbeleuchtung und macht die Silhouetten der A380 auch von außen erkennbar.
Super-Airbus vs. Bechsteinfledermaus
So ganz sicher ist aber auch das nicht. Denn für die Halle und ihr Vorfeld müssten 21 Hektar Wald gerodet werden, darunter mehr als die Hälfte so genannter Bannwald, der gesetzlich besonders geschützt ist. Und Umweltschützer befürchten, dass die gleichfalls geschützte Bechsteinfledermaus vertrieben werden könnte. Fraport, die Betreibergesellschaft des Flughafens, weist das aber zurück: Die Fledermaus hause "nur außerhalb" des Areals der Flugzeugwerft.
Über all das wird am Dienstag nächster Woche der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel ein Urteil verkünden. Denn eine Phalanx, die nicht von Pappe ist, klagt gegen den geplanten Standort der A380-Halle - angeführt von den Städten Neu-Isenburg, Mörfelden-Walldorf, Raunheim, Rüsselsheim und dazu noch dem Landkreis Groß-Gerau.
Die Kläger wollen erreichen, dass der Bannwald nicht angetastet wird, und sie möchten durch die nahe Werft nicht noch mehr mit Lärm beschallt werden. Denn auf dem Vorfeld der Halle sollen zu ihrem Verdruss auch die mächtigen Triebwerke der A380 geprüft werden - bis hin zum Volllast-Betrieb der Düsen.
Die Lufthansa ist auf ein Urteil in ihrem Sinne angewiesen. Ein Grund dafür ist die Bauzeit der Halle, die mit 27 Monaten veranschlagt wird, wobei noch drei Monate hinzukommen, in denen die Motorsägen kreischen und die Baustelle hergerichtet wird. Schon im Herbst 2007 aber sollen die ersten A380-Jets der Kranich-Fluggesellschaft flügge werden - was aber nur geht, wenn auch die Wartungshalle bereit ist. Eine Verzögerung könnte es auch geben, wenn das Kasseler Gericht anordnet, dass erst einmal ein Lärmschutzgutachten erstellt wird.
Doch Eile tut Not, da die Lufthansa drei Viertel ihres Interkontinentalverkehrs über Frankfurt abwickelt und das Schicksal ihrer Flotte eng mit dem A380 verknüpft hat. Wenn nötig, werde man "Doppelschichten und Nachtschichten" einlegen, um rechtzeitig fertig zu werden, ist von der Airline zu hören.
Das ist auch deshalb wichtig, weil in der Halle neue Verfahren angewendet werden. Ihr Rückgrat soll eine elektronische Datenbasis sein, die mit Hilfe elektronischer Logbücher die Wartung erleichtert. Dazu hat die Lufthansa Technik, zusammen mit Air France, schon einen Lehrplan für die Flugzeugwarte aufgestellt.
Fraports Pläne für den Flughafen Frankfurt: Neue Proteste erwartet
Die Gegner der Bannwald-Halle zerbrechen sich darüber nicht den Kopf. Sie schlagen als alternativen Standort die berühmte Rhein-Main-Airbase der US-Luftwaffe vor, die von den Amerikanern Ende dieses Jahres geräumt werden wird. "Man kann dort schon irgendwie Raum schaffen", meint Oliver Quilling, der CDU-Bürgermeister von Neu-Isenburg, "das Gelände wäre groß genug.
Mayrhubers neidischer Blick gen Osten
Dem widerspricht Fraport. Auf dem ehemaligen Militärflughafen sei kein Platz - und außerdem rechne man dort mit "Altlasten". Alles müsse erst einmal genau vermessen und dann saniert werden, so Sprecher Wolfgang Schwalm.
Außerdem hat Fraport vor, auf dem Ex-Stützpunkt ein drittes Terminal zu bauen, um am Wachstum des Weltluftverkehrs teilhaben zu können. Die Kapazität des Airports soll von derzeit 56 Millionen Fluggästen pro Jahr auf 81 Millionen erhöht werden.
Im Nordwesten des Flughafens soll eine weitere Landebahn entstehen, die vierte in Frankfurt. Die Rollwege dorthin sollen wie auf Haneda, dem Inlandflughafen von Tokio, über die Autobahn hinwegführen. Weil sich in der Nähe auch eine Chemiefabrik befindet, überlegt man, deren empfindlichste Anlagen sicherheitshalber zu verbunkern. Und Fraport kaufte letztes Jahr das große Areal der ehemaligen Caltex-Raffinerie am Main bei Raunheim - ein mögliches Ausweichquartier.
Gewiss ist aber jetzt schon, dass es wegen der Erweiterung neue Proteste und neue Gerichtsverfahren geben wird. Das ärgert Lufthansa-Boss Mayrhuber. "Die Chinesen oder die Emirate bauen in drei Jahren einen komplett neuen Großflughafen," meint er bewundernd.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518 ... -2,00.html