Erstmals den Umströmungslärm von Vorflügeln mit neuem Rechenverfahren PIANO numerisch simuliert
23.3.2006, Braunschweig - Bei der Entwicklung und Zulassung neuer Flugzeuge ist die strikte Einhaltung der Lärmemissionswerte ein wichtiges Kriterium. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben schon seit längerem die so genannten Hochauftriebshilfen als besonders störende Lärmquellen an Verkehrsflugzeugen ermittelt. Hierzu gehören Lande- und Vorflügelklappen, die bei langsamen Fluggeschwindigkeiten, beispielsweise während des Landeanflugs, die notwendigen Auftriebskräfte garantieren, deren Umströmung allerdings zu unerwünschter Geräuschbildung führt.
Für eine optimierte, lärmarme Formgebung des Vorflügels ist daher künftig ein schnelles Simulations- und Prognoseverfahren notwendig. Jetzt ist es Experten aus dem DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik erstmals gelungen, durch die numerische Rekonstruktion der turbulenten Schwankung innerhalb einer Strömung einen entscheidenden Fortschritt bei der schnellen Umströmungslärmsimulation zu erzielen.
Ursächlich für die Schallentstehung an Fahrwerken und Hochauftriebshilfen wie Landeklappen und Vorflügelklappen ist deren stark verwirbelte, das heißt turbulente Umströmung. Diese Verwirbelungen sind unregelmäßig und weichen zufällig rotierend oder auch im Zickzack von der allgemeinen Strömungsrichtung ab - ein Phänomen, welches sich auch gut am aufsteigenden Rauch einer glimmenden Zigarette beobachten lässt. In ruhiger Umgebungsluft ist die Strömung unmittelbar oberhalb der Glut laminar, doch bald darauf, in etwas größeren Höhen, wird sie wellig und zerfließt. Verwirbelte Strömungen vorherzusagen, zu verstehen und gezielt zu beeinflussen ist eine der größten Herausforderungen für Wissenschaftler und Ingenieure.
Die derzeitige Leistungsfähigkeit der Computer ist noch Jahrzehnte davon entfernt, detaillierte Angaben über den zeitlichen Verlauf der feinsten Verwirbelungen am kompletten Flugzeug zu machen. Aber ihre Leistung reicht immerhin aus, die auftretenden Werte für die wichtigsten wirksamen Kräfte wie Auftrieb und Widerstand unter verschiedenen Flugbedingungen zu berechnen.
Um zu einer genauen Lärmvorhersage und Lärmminderung zu kommen, müssen die Aeroakustiker jedoch den zeitlichen Verlauf der feinen Verwirbelungen und turbulenten Schwankungen in der Strömung präzise erfassen, um die dadurch verursachten Lärmwerte berechnen und analysieren zu können. Ein zukunftsweisendes Hilfsmittel zur Lösung dieses Problems ist das jetzt entwickelte turbulente Strömungsmodell, welches die zusätzlichen turbulenten Schwankung sehr effizient rekonstruiert. Das neue Verfahren PIANO (Perturbation Investigation of Aeroacoustic Noise) benötigt auf einem handelsüblichen PC eine Rechenzeit von nur wenigen Stunden, während für eine zeitgenaue Simulation der Strömung selbst in einem kleinen Ausschnitt des Strömungsgebietes auf den derzeit leistungsfähigsten Großrechnern mehrere Wochen aufgewendet werden müssen.
Die mit dem neuen turbulenten Strömungsmodell errechneten Werte zeigen bereits sehr gute Übereinstimmungen mit entsprechenden Vergleichsmessungen im akustischen Windkanal Braunschweig. Erst mit der Verfügbarkeit dieses neuen schnellen Verfahrens ist jetzt der computergestützte Entwurf leiser Hochauftriebssysteme greifbar geworden.
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